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Der Hauptunterschied zum alten Verfahren liegt in den Nachweisen für die Leistungsfähigkeit. Früher gab es drei Leistungsgruppen, die sich an handwerklichen Qualifizierungen, erklärungsbedürftigen und nicht erklärungsbedürftigen Produkten orientierten. Hier wird die neue Präqualifizierung differenzierter vorgehen. Ein Leistungserbringer erhält keine umfassenden Persilscheine mehr, sondern Atteste für bestimmte Produktgruppen. Kriterien werden u. a. die persönliche Qualifikation, Aus- und Fortbildungsmaßnahmen, die Einrichtung des Betriebes, Lagerhaltung, Werkstatt und Aufbereitung sein.
Eine Lieferberechtigung löst aber nur ein Vertrag mit einer Kasse aus. Ist die Präqualifizierung eines Leistungserbringers also eine unabdingbare Voraussetzung, um mit einer Kasse einen Vertrag zu verhandeln, einem bestehenden Vertrag beizutreten oder um an einer Ausschreibung zu partizipieren? Nach Angaben  des GKV-Spitzenverbandes nicht. Jeder Leistungserbringer könne auch für einen einzelnen Vertrag sein Leistungsvermögen nachweisen. Nähere Ausführungsbestimmungen dazu gibt es allerdings nicht. So wird die individuelle Vertrags-Qualifizierung wohl kaum breite Anwendung finden.
Die Branche wird der Generalabsolution sinnvollerweise den Vorrang geben. Deren Vorteile überzeugen einfach. Wenn ein Leistungserbringer durch eine Präqualifizierungsstelle seine Leistungsfähigkeit attestiert bekommt, kann er fünf Jahre Verträge schließen. Erst nach Ablauf dieser Zeit und wenn sich im Unternehmen etwas Gravierendes geändert hat, muss eine neue Präqualifizierung durchlaufen werden. Der wichtigste Vorteil ist, dass die Präqualifizierung von allen Kassen anerkannt werden muss. Es gibt bislang auch keine Informationen, dass sich eine Krankenkasse nicht daran halten will.
Apropos Präqualifizierungsstellen. Bereits vor der Akkreditierung gaben Organisationen bekannt, dass sie praktisch schon Präqualifizierungsstelle seien, und machten für sich Werbung – teilweise mit zweifelhaften Mitteln. Schnell waren nicht nur alle relevanten Internet-Adressen reserviert. Eine Firma ging sogar so weit, schon im Juni den potenziellen Sanitätshaus-Kunden zu versprechen, dass sie mit ihrer gebührenpflichtigen Anmeldung bei besagter Firma eine Fristverlängerung zum Abschluss der Präqualifizierung bis voraussichtlich 30. Juni 2011 erhalten. Dabei kann es vom GKV-Spitzenverband gar keine terminlich fixierte Fristverlängerung geben. Auch war besagte Firma vom GKV-Spitzenverband noch gar nicht als Präqualifizierungsstelle benannt worden.
Grundsätzlich ist das Verfahren in zeitlichem Verzug – nicht nur bei der Benennung der Präqualifizierungsstellen. Allerdings stellte der GKV-Spitzenverband im Juli zukunftsgerichtete Erläuterungen ins Internet. Das gesamte Prozedere hinkt arg den gesetzlichen Vorgaben hinterher. Eigentlich sollten die Leistungserbringer bis Ende Juni 2010 präqualifiziert sein, so die Übergangsfristen im GKV-OrgWG. Tatsächlich gibt es aber weder Präqualifizierungsstellen noch die genauen Ausführungsbestimmungen. Gerade mal einen organisatorischen Rahmenvertrag hat der GKV-Spitzenverband mit den Organisationen der Leistungserbringer geschlossen. Zudem wurden Ende Juni die Mitglieder eines Beirates mit jeweils sieben Vertretern des GKV-Spitzenverbandes und der Leistungserbringer-Organisationen bekannt gegeben. Zu seinen Aufgaben zählen u. a. die Klärung von Zweifelsfragen bei der Benennung von PQ-Stellen, die Lösung von Konflikten sowie die Weiterentwicklung des PQ-Verfahrens und der Empfehlungen nach § 126 Abs. 1 S. 3.
Müssen sich die Firmen wegen der Präqualifizierung also Sorgen machen? Eigentlich nicht. Es ist nicht zu erwarten, dass die Hürden zu hoch sein werden. Und der Zeitverzug liegt beim GKV-Spitzenverband, der deshalb praktikable Lösungen anbieten muss. Gut informierte Unternehmen können trotzdem gelassener in die Zukunft blicken.

Foto: Karolina Grabowska/Pixabay
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