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9. August 2019
Redaktion
AOK Baden-Württemberg / Versichertenbefragung

Gute Noten für Qualität der Inkontinenz-Versorgung

Die AOK Baden-Württemberg hat erstmals eine Versichertenbefragung für die Versorgung mit aufsaugenden Inkontinenzartikeln durchgeführt. Im Auftrag der Krankenkasse befragte ein Meinungsforschungsinstitut insgesamt 725 Versicherte im ambulanten und im stationären Bereich. Die Befragten bewerten die Versorgung im Schnitt mit 1,8 auf einer Skala von 1 (= absolut überzeugt) bis 5 (= völlig unzufrieden).

Die Befragung differenziert auch nach Leistungserbringern. Dabei schneiden Apotheken, Sanitätshäuser und Homecare-Dienstleister in einigen Punkten recht ähnlich, in anderen aber auch mit deutlichen Unterschieden ab. Die AOK Baden-Württemberg hat in diesem Produktbereich insgesamt 1.600 Vertragspartner.
Foto: Jorma Bork/Pixelio

Das IMK Institut für angewandte Marketing- und Kommunikationsforschung befragte im September und Oktober 2018 622 ambulant versorgte Patienten (davon 38 % Männer und 62 % Frauen) schriftlich sowie 103 stationär versorgte Versicherte persönlich.

Die Repräsentativität der Befragung wurde durch eine zufallsbasierte Stichprobenauswahl der insgesamt 1.500 angeschriebenen ambulant versorgten Versicherten (Rücklaufquote 41,5 %) und kontaktierten Pflegeheime sowie durch eine Gewichtung der Ergebnisse erreicht. Im häuslichen Bereich wur­den Versicherte ab 18 Jahren berücksichtigt, deren Versorgung frühestens 2013 begonnen hat.

Menge reicht meist aus

Die große Mehrheit der Befragten zeigt sich mit der Menge der Produkte zufrieden – im stationären Bereich 92 Prozent, im ambulanten 73 Prozent. Ambulant
sagen 23 Prozent, dass sie zu wenige Produkte erhalten (fehlende Prozent zu 100: „Weiß nicht genau“/keine Angabe). Bei Frauen sagen dies mit 25 Prozent etwas mehr als bei den Männern (19 %). Wer ambulant von Apotheken versorgt wird, gibt hier zu 29 Prozent einen „Mangel“ an, während es bei Homecare-Unternehmen 19 und bei Sanitätshäusern 17 Prozent sind.

Allerdings zeigt sich, dass, je geringer die benötigte Menge der täglich verwendeten Produkte ist, die Befragten den Lieferumfang als ausreichend empfinden. Bei einem bis drei Produkten pro Tag sind es 9 (1 Produkt), 11 (2) und 20 Prozent (3), die einen zu geringen Lieferumfang beklagen.

Bei vier bis fünf Produkten sind es 34 und bei mehr als fünf Produkten sogar 45 Prozent. Durchschnittlich werden 3,2 Produkte pro Tag verwendet. Männer benötigen 2,7 und Frauen 3,6 Produkte (s. Grafik). Die ambulant versorgten Versicherten nutzen am häufigsten Inkontinenzvorlagen (72 %). Bei Männern sind es 65, bei Frauen 77 Prozent (s. Grafik). 88 Prozent der Befragten bleiben ihrem Produkt bzw. Hersteller treu.

Am meisten werden Produkte von Paul Hartmann (34 %), Seni (24 %) und Tena (15 %) verwendet. Nur 5 Prozent nutzen unterschiedliche Produkte.

Insgesamt zeigen sich die Patienten sehr zufrieden mit den Produkten. Die Noten 1 und 2 (der Skala bis 5) geben in puncto Einfachheit der Handhabung so­wie Hautverträglichkeit jeweils 80 Prozent der Befragten. Mit der Saugleistung sind demnach 75 Prozent zufrieden, mit Pass­form/Größe 74, mit dem Tragekomfort 73 und mit dem Sicherheitsgefühl 72 Prozent. Vereinzelt kritische Stimmen beziehen sich am häufigsten auf das Sicherheitsgefühl.

Nähe als Kriterium für Wahl des Lieferanten

Wohnortnähe und damit Vertragspartnervielfalt sind den Versicherten der AOK Baden-Württemberg sehr wichtig. Die Wohnortnähe ist für die im ambulanten Bereich Befragten das wichtigste Kriterium bei der Wahl des Leistungserbringers (40 Prozent).

Der Aspekt der Wohnort­nähe des Leistungserbringers nimmt mit höherem Alter zu. So ist sie für 35 Pro­zent der 41- bis 65-Jährigen das wichtigs­te Kriterium bei der Wahl des Leistungserbringers und für 44 Prozent der 76- bis 85-Jährigen. Männer setzen eher auf die Nähe (43 %) als Frauen (38 %).

Bei Kunden von Apotheken ist die Nähe zu 49 Prozent das entscheidende Kriterium, bei Sanitätshäusern zu 40 Prozent und erwartungsgemäß bei Homecare-Firmen nur zu 15 Prozent. Wer Homecare-Kunde ist, entschied sich dafür vor allem nach Beratung durch die AOK (31 %).

Wie bei den Produkten sehen die Patienten auch bei den Leistungserbringern in der Regel keinen Grund für einen Wechsel. So werden 82 Prozent „von Anfang an durch denselben Leistungserbringer versorgt“. 12 Prozent haben einmal gewechselt, 1 Prozent mehrfach. Gründe für den Wechsel waren:

  • Unzufriedenheit mit dem Lieferanten (18 %),
  • Produktauswahl (16 %),
  • Beratung der AOK/Änderung der Zusammenarbeit von Leis­tungserbringer und AOK (14 %),
  • Um­zug (8 %),
  • Preis (7 %) und
  • Schließung des vorherigen Leistungserbringers (6 %).

Für die überwiegende Zufriedenheit mit dem Leis­tungserbringer spricht das Kriterium der Lieferung: Bei 81 Prozent kommt diese immer pünktlich, bei 17 „mit wenigen Ausnahmen“ rechtzeitig. Hier schneiden die drei Lieferanten-Gruppen nahezu gleich ab.

Grafik: AOK
Grafik 1

28 Prozent zahlen auf

Um ausreichend versorgt zu sein, leisten 28 Prozent der Befragten eine private Aufzahlung (58 % keine). Nur 43 Prozent wurden zuvor über eine Versorgung ohne private Mehrkosten informiert und nur einem Drittel wurden mindestens zwei aufzahlungsfreie Produkte angeboten. Homecare-Unternehmen schneiden hier besser ab: Sie informierten zu 50 Prozent ihre Kunden über aufzahlungsfreie Versorgung bzw. zu 45 Prozent boten sie mindestens zwei Produkte ohne Mehrkosten an. Bei Sanitätshäusern wurden 45 bzw. 33 Prozent und bei Apotheken 39 bzw. 29 Prozent entsprechend informiert.

Sanitätshäuser verlangen am meisten Aufzahlung

Im Schnitt beträgt die private Aufzahlung 27,70 Euro pro Monat. Während es bei Apotheken lediglich 25 Euro und bei Home­care-Firmen 27,10 Euro sind, fallen bei Sanitätshäusern durchschnittlich 34 Euro an. Die Befragten greifen in die eigene Tasche, weil die gelieferte Menge nicht ausreiche (40 %) und aus Komfortgründen (30 %).

Als Verbesserungswünsche führen die Befragten folglich am häufigsten eine größere Menge aufzahlungsfreier Produkte an, gefolgt von höherer Produktqualität und besserer Beratung. Allerdings haben 72 Prozent keine Verbesserungsvorschläge, sind also zufrieden. Mit einer Note von 1,7 sind die über 85-Jährigen am zufriedensten und mit 2,2 die bis 40-Jährigen am unzufriedensten. Im ambulanten Bereich liegt die Durchschnitts­note insgesamt bei 1,9.

Die Beratung ist gut, erfolgt aber nicht immer

Einen Schwerpunkt legt die Umfrage der AOK auf das Kriterium der Beratung. Alles in allem beraten Apotheken, Sani­täts­häuser und Homecare-Unternehmen gut, allerdings zu selten. So geben 68 Prozent an, vor Versorgungsbeginn beraten worden zu sein. Allerdings sagen 22 Prozent der im ambulanten Bereich Befragten, gar nicht beraten worden zu sein – obwohl dies eine zentrale Vertragspflicht der Partner ist, so die AOK. Hier gibt es kaum Unterschiede zwischen den Bezugs­kanälen.

Insgesamt sieht die AOK Verbesserungs­potenzial, weil nur 25 Prozent eine Patienteninformation erhalten haben (42 % Homecare, je 21 % Apotheken und Sani­tätshäuser), nur 28 Prozent mehrere Produkte testen konnten (32 % Apotheken, 26 % Homecare, 24 % Sanitätshäuser) bzw. nur 54 Prozent verschiedene Produkte vorgestellt wurden. Produktempfehlungen gab es am häufigsten in Sani­tätshäusern (42 %) vor Apotheken (38 %) und Homecare-Unternehmen (32 %).

Auch die Erläuterungen zu den Produk­ten sind ausbaufähig. Über Wirkungsweise und Handhabung wird noch am meisten aufgeklärt. Die Aspekte Tragedauer und begleitende Körperpflege kom­men mit unter 30 Prozent deutlich zu kurz. Frappierend: 32 Prozent der Befrag­ten geben an, zu keinem dieser Punkte beraten worden zu sein. Apotheken schnei­den insgesamt noch besser ab als Sanitätshäuser und Homecare-Unternehmen. Die Befragten jedoch, die angeben, beraten worden zu sein, haben nach eigener Aussage überwiegend eine umfassende und qualitativ gute Beratung erhalten. Die Bewertungen liegen im Mittelwert auf einer Skala von 1 (= absolut überzeugt) bis 5 (= völlig unzufrieden) zwischen 1,2 und 1,7. Gefragt wurde nach Freundlichkeit, schneller und unkomplizierter Beratung, fachlicher Kompetenz, Eingehen auf persönliche Bedürfnisse sowie Einfühlungsvermögen. Tendenziell ist die Zufriedenheit mit Sani­tätshäusern etwas höher und die mit Homecare-Firmen etwas geringer.

Vier von fünf Befragten gaben an, im Verlauf der Versorgung keine Fragen oder Komplikationen zu haben. Teilweise war jedoch ein Produktwechsel erforderlich bzw. werden Probleme mit der Qualität erwähnt. Einige bemängelten, dass sie bei Fragen bzw. Komplikationen im Versorgungsverlauf von Leistungserbringern nicht unterstützt wurden. Homecare-Unternehmen heben sich hierbei jedoch gegenüber Apotheken und Sanitätshäusern positiv hervor. Während Apotheken bei Fragen/Komplikationen vor allem persönlich beraten, machen Homecare­Firmen dies erwartungsgemäß telefonisch. Häufig bieten Leistungserbringer auch die Versorgung mit anderen Produkten an.

Grafik: AOK
Grafik 2

Stationäre Patienten überwiegend zufrieden

Mit einem Schnitt von 1,8 zeigen sich auch die Befragten aus der stationären Versorgung insgesamt sehr zufrieden. Lediglich 3 Prozent äußern den Wunsch nach Qualitätssteigerung der Produkte. Im stationären Bereich werden im Schnitt 3,5 Produkte pro Tag benötigt. Von 86 Pro­zent werden saugende Inkontinenzvorlagen, von 34 Prozent Netzhosen und von 15 Prozent Inkontinenzunterhosen verwendet (Mehrfachnennungen möglich). 92 Prozent erhalten genau die richtige Menge. Von 103 Befragten geben 67 an, immer das gleiche Produkt zu verwenden; bei 33 sind es Tena-, bei 28 Hartmann- und bei je 7 Attends- und Abena-Produkte. 20 geben an, dass sie wechselnde Produkte verwenden.

Der Service wird für Heimbewohner nicht großgeschrieben. Nicht mal jeder Fünfte erhielt mehrere Produkte vorgestellt oder wurde vor der Versorgung beraten. Auf die Produktauswahl haben sie zudem kaum Einfluss, weil nur bei jedem Zehnten diese mit ihm bzw. Angehörigen abgestimmt wurde. Die stationär Versorgten müssen in der Regel keine Aufzahlung leisten. Auch bei den stationären Patienten hatten 86 Prozent keine Fragen oder Komplikationen. Und wenn, dann passte das Produkt nicht optimal. Eine private Aufzahlung leisten nur 4 Prozent der Befragten. Allerdings wissen fast 60 Prozent gar nicht, ob dies der Fall ist oder nicht.

Foto: Karolina Grabowska/Pixabay
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