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20. März 2018
Redaktion
HHVG in der Praxis / Hilfsmittelversorgung

HHVG in der Praxis: Es klemmt an allen Ecken und Enden

Nicht gut zu sprechen ist die RehaVital auf den bislang von Kassenseite praktizierten Umgang mit dem HHVG im Versorgungsalltag. RehaVital-Geschäftsführer Ralf Kaspar Kemmerling nimmt im Gespräch mit MTD kein Blatt vor den Mund und attestiert den Kassen nicht weniger als Desinteresse und Hinhaltetaktik, was eine modifizierte Vertrags- und damit auch Versorgungs-Kultur im Geiste des HHVG angeht. Ein HHVG II ist für die RehaVital nicht Kür, sondern Pflicht.
Kassenseite,
Foto: Ralf Kaspar Kemmerling

Herr Kemmerling, das HHVG wurde von der Branche in seiner Entstehung konstruktiv-kritisch begleitet. Mitte April 2017 ist es in Kraft getreten. Zeit für eine erste Bilanz also. Und die fällt aus Sicht der RehaVital eher ernüchternd aus. Weshalb?

Die Zielsetzung des Gesetzgebers bei der Einführung des HHVG ist aus unserer Sicht durchaus lobenswert. Wir sehen hier gute Ansatzpunkte zur Verbesserung der Patientenversorgung. Allerdings hegen wir aktuell Zweifel, ob die Kostenträger das genauso sehen. Zu erkennen ist deutlich, dass die Umsetzung dieser Regelungen kassenseitig in weiten Teilen völlig träge verläuft und zudem anders ausgelegt wird, als es vom Gesetzgeber beabsichtigt war.

Das betrifft insbesondere die Klarheit bei den Auslegungen von neuen, den Kran­kenkassen auferlegten Pflichten oder die Berücksichtigung von Qualitätsanforderungen bei Ausschreibungen. Wir haben insgesamt den Eindruck, dass die Krankenkassen gezielt Möglichkeiten suchen, um die eigentlich guten Ziele des HHVG zu unterlaufen und zu umgehen.

Was läuft bei der Umsetzung des HHVG schlecht oder gar falsch?

Wirklich umgesetzt wurde bislang wenig. Die großen Themen sind nach wie vor unklar. Aktuell sind wir noch im Verhandlungsmodus – entweder bilateral oder übergeordnet auf Bundesebene, um überhaupt mal ein gemeinsames Verständnis bei den Details zu erreichen.

Hinzu kommt, dass die Krankenkassen bestimmte Anforderungen technisch noch gar nicht umsetzen können oder diese – wie bereits erwähnt – ignorieren und aus­sitzen.

Könnten Sie das an Beispielen verdeut­lichen?

Die Fortschreibung des Hilfsmittelverzeichnisses, die in der Verantwortung des GKV-Spitzenverbandes liegt, ist ein so wichtiges Thema, bei dem wir uns aufgrund der Prozessabläufe durchaus ausgegrenzt sehen können. Gefragt werden wir zwar, aber das in einer Zeitachsenvorgabe, dass sich alle maßgeblichen Leis­tungserbringer und Leistungserbringer-Organisationen nicht wirklich eingebunden fühlen.

Der Gesetzgeber hat dem GKV-SV eine Frist gesetzt, und es entsteht der Eindruck, dass das Hauptaugenmerk lediglich auf die Einhaltung der Formalien gelegt wird. Die eigentlich qualitäts- und prozessverbessernden Umsetzungsaspekte bleiben zweitrangig.

Eine der RehaVital-Anregungen war z. B., dass die Hilfsmittelversorgung von Kindern und Heranwachsenden gesondert im Hilfsmittelverzeichnis geregelt wird, und zwar auf Ebene der Produktgruppen. Nun sieht es so aus, als wenn lediglich der Fließtext an der einen oder anderen Stelle ergänzt wird. Dies wird der anspruchsvollen und sensiblen Versorgung von Kindern kaum gerecht, ganz abgesehen davon, dass so auch von vorn­herein Möglichkeiten genommen sind, dies in den Vergütungsverhandlungen adäquat zu berücksichtigen.

Und die Umsetzung des HHVG in Sachen Ausschreibungen durch die Kran­kenkassen, wonach dienstleistungsinten­sive Produkte nicht mehr ausgeschrieben werden dürfen und der Preisvorteil bei den Zuschlagskriterien nicht mehr überwiegen darf, wird von den Kassen nicht nur ignoriert, sondern sogar kreativ umgangen.

Die aktuellen Ausschreibungen der Barmer in Sachen CPAP und der DAK in Sachen Stomaversorgung sind hier gute Beispiele, wie dienstleistungsintensive Hilfsmittelversorgungen trotz gegenteiligem Willen des Gesetzgebers ausgeschrie­ben werden. Die Leistungsbeschreibung wird dabei so mit marktüblichen Voraussetzungen oder sogar den Voraussetzungen einer Präqualifizierung angereichert, dass letzten Endes doch wieder der Preis das ausschlaggebende Kriterium bleibt.

Ein weiteres Beispiel: Das Angebot von mehreren aufzahlungsfreien Produkten und die umständliche Dokumentation von Beratungen im Zusammenhang mit Hilfsmittelversorgungen ist nunmehr gesetzlich vorgeschrieben. Auch wenn unse­re RehaVital-Mitglieder dies bereits seit Jahren so handhaben, ist aktuell noch völlig unklar, auf welche Weise sie damit zukünftig umgehen müssen, damit sie den Anforderungen der Krankenkassen gerecht werden. Es herrscht Unsicherheit allerorten.

Wir gehen wieder einmal von unterschiedlichsten Anforderungen der Kassen aus, sodass auf unserer Seite zusätzlicher Verwaltungsaufwand entsteht und Prozesse umgestellt werden müssen. Das wird Mehrkosten zur Folge haben und ein nicht unerhebliches Retaxierungsrisiko verursachen.

Bei der Frage, was mit den dadurch entstehenden Mehrkosten ist, zeigen sich einige Kassen im Gespräch durchaus einsichtig, konkret wurde bis dato aber diesbezüglich noch nichts. Die Bandbreite der Reaktionen ist vielschichtig. Entweder erhalten wir auf unsere Verhandlungsversuche gar kein Feedback oder wir werden vertröstet.

Was sollte aus Sicht der RehaVital modi­fiziert werden, damit das HHVG für die Leistungserbringerseite den gewünschten Nutzen bringt?

Wir sehen hier insbesondere im Bereich der Ausschreibungen akuten Handlungsbedarf aufseiten des Gesetzgebers. Der jetzige Regelungszweck wird schlicht nicht erreicht. Die Krankenkassen machen weiter wie bisher. Der einzige Unterschied ist, dass wir in den Ausschreibungen der Kassen nun Umgehungsmöglichkeiten für den eigentlichen Gesetzeszweck wahrnehmen. In diesem Zuge müsste der Gesetzgeber auch dringend dem leidigen Thema der Open-House-Verträge einen Riegel vorschieben. Der Wille ist beim BMG vorhanden, aufgrund der aktuellen politischen Lage mangelt es leider an der Umsetzung.

Wichtig ist zudem, dass der Qualitäts-aspekt noch weiter in den Vordergrund gerückt wird. In diesem Punkt ist der Bereich der Arzneimittelversorgung oder auch der Krankenhausbehandlungen weit­aus besser geregelt.

Im Hilfsmittelbereich liegt das Haupt­augenmerk nach wie vor auf den Kosten. Es besteht das große Risiko, dass die Pati­enten nach dem Motto „Geiz ist geil“ versorgt werden müssen. Dies gefährdet nicht nur die bisherige hervorragende Versorgung der Patienten, es gefährdet mittelfristig auch den von der RehaVital vertretenen qualitäts- und dienstleis­tungsorientierten Mittelstand.

Viele Kostenträger sehen den Begriff „Wirtschaftlichkeit“ alleine kurzfristig kostensparend, ohne die langfristigen Auswirkungen und die sektorenübergreifenden Wechselwirkungen zu berücksichtigen. Hier ist ein dringendes Umdenken notwendig. Aus unserer Sicht ist dies aufgrund der Trägheit der Strukturen nur mit einem gesetzgeberischen Impuls erreichbar.

Wie erklären Sie sich diese Reaktionen von Kassenseite?

Für die Kassen ist das HHVG – so wie wir es registrieren – nur eine relativ kleine Gesetzesänderung in einem Segment, welches gerade einmal knapp 5 Prozent der Leistungsausgaben umfasst. Die direkt wahrnehmbaren Vorteile sind für die Vorstände und Vertragsverantwortlichen der Kassen sehr überschaubar. Es ist schlicht kein Vorteil für die Kassen damit verbunden, mit uns in klärende Abstimmungsgespräche oder Verhandlungen einzusteigen.

Wir vermuten als Grund die Angst vor Mehrausgaben bei vertraglichen Vereinbarungen über die Dokumentationspflicht oder über das Angebot von aufzahlungsfreien Hilfsmitteln. Wir nehmen nicht an, dass der Gesetzgeber bei einem gewollt höheren Aufwand der Leistungserbringer eine entsprechende Vergütung vermeiden wollte. Das aber ist für die Kassen unbequem. Vielleicht daher die Ignoranz.

Sehen Sie in diesem Zusammenhang auch Probleme, was das vom HHVG geforderte stärkere Vertrags-Controlling von Kassenseite angeht?

Wir halten dies für praktisch kaum umsetzbar. Letzten Endes kann die Kasse nur darauf hoffen, dass der Versicherte an Umfragen teilnimmt und seine Versorgung oder den Leistungserbringer bewertet. Dies sind aus unserer Sicht keine objektivierenden Maßstäbe. Hier wird ledig­lich eine bürokratische Maschine geschaffen. Alle anderen Controllingmög­lichkeiten sind für die Kassen allein aus Kapazitätsgründen kaum zu bewältigen.

Wir halten es für zielführender, den Pati­enten als mündig anzusehen. Ist er mit seinem Produkt oder unserer Dienstleistung nicht zufrieden, wird er „mit den Füßen“ abstimmen. Das ist ein ganz normaler Prozess des Marktes. Dafür ist es allerdings wichtig, die Vielfalt an Leis­tungserbringern zu erhalten, was Ausschreibungen oder Open-House-Verträ­ge natürlicherweise ausschließt.

Sollten den Kassen jedoch angeforderte Daten zu Controllingzwecken zur Verfügung stehen, dann halten wir es aller­dings nur für gerecht, wenn uns als Interessenvertreter unserer Mitgliedsbetriebe und Vertragspartner der Kassen die sie betreffenden Auswertungen auch zur Verfügung stehen.

Das HHVG nimmt ja auch die Leis­tungserbringerseite stärker in die Pflicht. Stichworte: Aufzeigen von aufzahlungsfreien Versorgungsalternativen, Datenweitergabe bezüglich abgerechneter Mehrkosten mit dem Versicherten (Aufzahlung). Wie hat sich die RehaVital darauf eingestellt?

Das Aufzeigen von aufzahlungsfreien Versorgungsalternativen gehört bei den RehaVital-Mitgliedern bereits seit Jahren zum Standard. Anders ist eine kunden­orientierte individuelle Versorgung der Patienten gar nicht zu verwirklichen.

Die Datenmeldung über die abgerechneten Mehrkosten sind im Rahmen des Abrechnungsprozesses nach § 302 SGB V gut über die Branchensoftwarelösungen zu realisieren. Nebenbei bemerkt ist es den Kassen derzeit technisch gar nicht möglich, diese Daten anzunehmen.

Davon abgesehen stellen wir uns auch die Frage, wie und von wem diese Daten interpretiert werden bzw. zu welchen Konsequenzen dies führt. Die hochverdichteten Daten, die beim GKV-SV ankommen, können ohne ergänzende Informationen nicht zutreffend bewertet werden. In manchen Bereichen, wie z. B. Kompressionsware, ist es nicht ungewöhnlich, dass die Patienten ein Produkt wählen, das Mehrkosten verursacht. Ursächlich hierfür sind aber nicht die mangelnde Qualität des „Kassenstrumpfes“, sondern optische Features.

Es besteht das Risiko einer kassenseitigen Fehlinterpretation, welche sich möglicherweise nachteilig für das Sachleis­tungsprinzip in Gänze auswirkt oder aber bilateral bei Vertragsverhandlungen wieder einmal nur kostenwertend und zum Nachteil der Versorgungsqualität eingesetzt wird.

Haben Sie den Eindruck, dass die Kassen sich mit diesem Thema bereits aktiv befassen?

Das nehmen wir stark unterschiedlich wahr. Während der GKV-SV noch be­müht ist, gewisse Standards zu erarbeiten, sind die Kassen mit sehr unterschiedlichem Tempo unterwegs. Einige warten auf eine Umsetzungsvorgabe des GKV-SV, andere haben diesen bereits um Längen überholt.

Manche Kassen scheinen das Thema zu ignorieren, andere Kassen sind auch im Zuge der Digitalisierung emsig dabei, nicht unerhebliche Kontrollmechanismen aufzubauen.

Viel Kritik unterm Strich also am HHVG. Würden Sie so weit gehen, das HHVG als „Luftnummer“ zu bezeichnen? Oder sehen Sie auch positive Aspekte?

Das HHVG ist ein guter und wichtiger ers­ter Schritt, mehr aber auch nicht. Die Diskussionen und teilweise auch Kämpfe um dieses „erste“ HHVG hat die Problemlagen unseres Systems richtig aufgezeigt. Diese Intention des Gesetz­gebers war und ist auf jeden Fall zu begrüßen.

Nun muss allerdings bei der Umsetzung nachgebessert werden. Das erfordert neue Impulse durch den Gesetzgeber. Das HHVG (Teil II) ist daher eine wichtige Aufgabe für den Gesetzgeber in der neuen Legislaturperiode.

Sie sprechen in diesem Zusammenhang ja auch von einer Wahrnehmungsdiskrepanz und kritisieren, dass das The­ma HHVG eher von gewissen Anwaltskanzleien gepusht werde. Wie meinen Sie das?

Eine große Unsicherheit in der Branche nach Inkrafttreten des HHVG ist nicht gleichzusetzen mit einem fehlenden Handlungsdruck für uns alle und insbesondere für den bedürftigen Patienten. Die Regelungen des HHVG sind notwendig und erforderlich – ohne Frage. Über Monate hinweg gab es zugebenermaßen diverse Veranstaltungen, bei denen die anwaltlichen Referenten nicht müde wurden, auf Gefahren und Handlungsbedarfe aufmerksam zu machen. In zahlreichen Runden mit unterschiedlichsten Besetzungen beobachtete die Branche ein ausuferndes Maß an Aktionismus.

Derzeit wissen wir: Solange das HHVG weiterhin so unklar bleibt und diese Unklarheiten von den eigentlichen Beteiligten nicht einvernehmlich beseitigt werden, so lange wird es immer zu Streit und Hader und damit zu so mancher Aktivität von Anwälten führen.

Seit Jahren reagiert der Gesetzgeber auf die Kritik der Hilfsmittelbranche mit Korrekturen an den vertragsrelevanten Bestimmungen des SGB V. Mit jeder Gesetzesänderung waren und sind neue Umsetzungsunklarheiten im Schlepptau gewesen. Stimmt an der gesamten Systematik etwas nicht?

Der Eindruck der „Flickschusterei“ ist nahe­liegend. Allerdings ist hier weder dem Gesetzgeber noch den Leistungserbringern ein Vorwurf zu machen. Kein Regelungswerk vermag in einem solch komplizierten Sachverhalt wie dem Sozialrecht lückenlos zu sein.

Folglich ist es stets eine Frage der Zeit, bis einige besonders kreative Kostenträger aufgrund der eigenen Interessenlage eine Möglichkeit finden, so weiter zu machen wie bisher. Das ist die alte Geschichte von Hase und Igel. Nicht so kreative Kostenträger ziehen dann irgend­wann einmal nach.

Aus unserer Sicht liegt eine Ursache hierfür möglicherweise auch in dem Umstand, dass der Gesetzgeber bei seiner Regelungsbereitschaft lediglich auf der Seite des Leistungsumfanges und der Leis­tungsqualität, und damit der Ausgabenseite, aktiv war.

Ein alternativer Ansatz könnte sein, ergänzend auch die Einnahmenseite der Kassen zu beleuchten. Ein Beispiel: Versicherte, die Hilfsmittel in Anspruch nehmen müssen, sind für die Krankenkassen leider nur in seltenen Fällen attraktive Kunden. Seit Einführung des morbiditäts­orientierten Risikostrukturausgleiches spielen Deckungsbeiträge einzelner Versichertengruppen bei den Kassen eine große Rolle. Weisen Versicherte einen nega­tiven Deckungsbetrag auf, ist das Inte­resse, diese Versicherten mit guten Leis­tungen zu gewinnen und zu halten, denkbar gering.

Leider trifft dies meist auf unsere Patienten zu. Die Kassen haben hier also überhaupt keinen Anlass, mit hochwertigen Produkten und exzellenten Dienstleistungen zu punkten. Hier werden aus unserer Sicht Fehlanreize gesetzt, die – wenn überhaupt gewollt – nur gesetzgeberisch korrigiert werden können.

Es muss sich auch für die Kassen lohnen, ihren Versicherten mehr als nur eine Hilfsmittelversorgung am unteren Limit anzubieten. Eine Lösung könnte darin liegen, Hilfsmittelversorgungen in den Zuweisungen, welche die Kasse aus dem Gesundheitsfonds erhält, steigernd zu berücksichtigen.

Bei der Arzneimittelversorgung ist dies bereits der Fall. Wir sehen darin auch Vorteile für das Gesamtausgabensystem, da auf diese Weise Kosten in anderen Leis­tungssektoren eingespart werden.

Wäre es aus Ihrer Sicht eine Überlegung wert, ob nicht mit mehr Pragmatismus, Vertrauen und gleich langen Spießen bei der Vertragsgestaltung mehr Versorgungsqualität herauskommen könnte als mit dem ständigen Ruf nach dem Gesetzgeber?

Das eine schließt das andere nicht aus. Das Gleichgewicht der Waffen kann nur der Gesetzgeber sicherstellen. Immerhin stehen uns Körperschaften des öffentlichen Rechts gegenüber, die sogar den gesetzlichen Auftrag haben, zusammenzuarbeiten. Das ist im Gegensatz zu den Strukturen der Leistungserbringer schon ein beängstigendes Machtkonglomerat. Das gibt es so in keiner anderen Marktabsatzkette.

Vertrauen bei unserer gemeinsamen Aufgabenstellung im Sinne des Patienten entsteht nur durch Gleichberechtigung, gegenseitige Offenheit und Transparenz, der Möglichkeit der Einflussnahme und des Mitbestimmens. Diesen Rahmen hat der Gesetzgeber vorzugeben.

Natürlich verstehen wir die Krankenkassen auch als unsere Kunden. Die Be­rücksichtigung der Bedürfnisse und Ziele der Kassen muss daher auch vermehrt Einfluss in den Vertragsverhandlungen finden. Wir sind hier mit unserem neu aufgestellten Vertragsbereich bei mehreren Kostenträgern bereits auf einem sehr guten Weg. Wir nehmen bei unseren Kontakten wahr, dass die Kassen wieder Vertrauen zu uns fassen. Dies äußert sich durch eine größere Offenheit und die Bereitschaft, gemeinsam an neuen und innovativen Vertragsmodellen zu arbeiten.

Das Schlaganfallkonzept der RehaVital ist ein gutes Beispiel. Hier arbeiten wir aktiv mit Kassen und Kassenverbänden zusammen, um dieses Produkt weiterzuentwickeln. Das ist aus unserer Sicht der einzig richtige Weg.

Wird das HHVG mehr Versorgungsqualität für den Versicherten bringen?

Ich sage mal, ich bin eingeschränkt zuversichtlich. Der erste Schritt ist getan. Wenn erst einmal alle offenen Fragen beantwortet und alle Lücken ausgefüllt sind, wird dies auch eine Verbesserung der Versorgungsqualität nach sich ziehen. Ich fürchte nur, dass dies in Teilen noch Jahre dauern wird. Allein die Gerichtsverfahren, in denen wir und unsere Mitglieder uns mit den Kassen in Sachen Ausschreibung oder Open House befinden, werden noch Jahre andauern.

Wenn der Gesetzgeber nicht unmittelbar reagiert, was wir sehr hoffen, dann verbleibt als größerer Anteil jedoch Skepsis. Warum? Alle Beteiligten sind mit einer unklaren und streitbaren Gemengelage konfrontiert, die nur Ressourcen kostet und wenig der eigentlichen Zielgruppe, nämlich dem Patienten, dient.

Unsere Mitglieder kommen nicht um­hin, ihre gewohnten Leistungen auf ein Maß zu reduzieren, das auch finanzierbar ist. Und das Weniger an Leistung schadet immer nur dem Patienten.

Welchen Aspekten des HHVG wird die RehaVital in nächster Zeit ihre besondere Aufmerksamkeit widmen?

Hier muss ich leider nochmals das Thema Ausschreibungen anführen. Das wird uns am meisten bewegen. Allein schon deswegen, weil wir in den bewuss­ten Zuwiderhandlungen der Kassen gegen das HHVG eine ernste Gefährdung des Mittelstandes sehen.

Aber natürlich werden wir auch nicht müde, den Kassen weiter Verhandlungen anzutragen. Ein höherer Aufwand muss aus unserer Sicht logischerweise auch gerecht vergütet werden. Da bleiben wir, die RehaVital als Verbundgruppe von 114 Mitgliedsbetrieben, hartnäckig.

Und wir sind uns sicher, dass wir in unse­rem Agieren auch von vielen anderen nicht zu uns gehörenden Leistungserbringern unterstützt werden.

Herr Kemmerling, danke für das Gespräch.

MTD Medizintechnischer Dialog 02 / 2018

Foto: Karolina Grabowska/Pixabay
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