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5. November 2018
Redaktion
Hilfsmittelversorgung / BVA-Jahresbericht

Bundesversicherungsamt prüft Beschwerden

Schon Im Jahresbericht 2017 unterstrich das Bundesversicherungsamt (heute Bundesamt für Soziale Sicherung / BAS) seine Positionen hinsichtlich der Hilfsmittelversorgung: keine Open-House-Verträge, keine Ausschreibungen von Hilfsmittelbereichen mit hohem Dienstleistungsanteil, mindestens 50 Prozent Gewichtung von Qualitätsaspekten bei Ausschreibungen und keine Einschaltung von Leiharbeitnehmern bei der Bearbeitung von Hilfsmittelanträgen.

Die Probleme bei der Ausschreibung von Hilfsmitteln stuft das BVA als so relevant ein, dass dieser Aspekt sogar in der knappen Pressemitteilung zur Veröffentlichung des Jahresberichtes erwähnt wird. Die Behörde habe sich 2017 im Rahmen der Aufsichtstätigkeit verstärkt mit Ausschreibungen von Hilfsmittelverträgen befasst. Anlass sei, dass nach Auffassung des BVA die Änderungen durchs Heil- und Hilfsmittelversorgungsgesetz HHVG „von einigen Krankenkassen nur unzureichend beachtet worden sind“.

So lehne das Amt die Auffassung ab, dass Hilfsmittel stets auszuschreiben seien bzw. dass sich die Prüfung der Zweckmäßigkeit nur auf Ausschreibungen unterhalb des EU-Schwellenwertes beschränke. Vielmehr hätten Kranken­kassen zu prüfen, wie hoch der Dienst­leis­tungsanteil der Versorgung ist. Der­-zeit führe das BVA drei Rechtsstreite, in denen Kassen die Aufsichtsbescheide beklagt sowie Anträge auf einstweiligen Rechtsschutz gestellt haben.

Mindestens 50 % Qualität

Außerdem vertrete das Amt die Auffassung, dass von der angemessenen Berücksichtigung nur ausgegangen werden könne, wenn diese insgesamt immer zu mindestens 50 Prozent Berücksichtigung finde – auch in einer Kombination von qualitativen Anforderungen in der Leistungsbeschreibung und als Zuschlagskriterien. Dies sei nicht der Fall, wenn es sich um An­forderungen handle, die für eine Präqualifizierung oder Aufnahme ins Hilfsmittel­verzeichnis ohne­hin erfüllt sein müssten.

Kontra Open-House-Verträge

Klar stellt das BVA auch, dass Open-House-Verträge in der Hilfsmittelversorgung der gesetzlich vorgegebenen Vertragssystematik widersprechen, wonach Hilfsmittel „nur auf der Grundlage von Verträgen nach § 127 Abs. 1, 2 oder 3 SGB V abgegeben werden dürfen“. Beim Open-House-Verfahren werde dagegen den Vertragspartnern nur einseitig ein Beitritt ermöglicht, ohne dass eine Verhandlungs­mög­lichkeit über die Vertragskonditionen besteht. Hier stehe eine abschlie­ßende landessozialgerichtliche Klärung noch aus.

Keine externen Hilfsmittelberater

Geprüft wurden 2017 auch Arbeitnehmerüberlassungsverträge zwischen Kran­kenkassen und externen Dienstleistern, „mit denen einige Krankenkassen den Umfang der in diesem Bereich ausglie­derungsfähigen Aufgaben über die gesetz­lichen Grenzen hinaus ausdehnen“.
Gegenstand sei z. B. die Bearbeitung der Anträge auf Bewilligung von Hilfsmitteln. Das HHVG habe die Unzulässigkeit solcher Verträge gesetzlich manifestiert.

Ledig­lich der Medizinische Dienst der Krankenkassen dürfe mit einer solchen Prüfung beauftragt werden. Wenn Kassen dies selber machen, dürfe nur weisungsgebundenes eigenes Personal tätig werden. Entsprechend abweichende Verträ­ge hat das BVA aufsichtsrechtlich geahndet. Gegenüber einer Kasse hat die Behörde aufgrund der Weigerung, entsprechende Verträge zu kündigen, ein aufsichtsrechtliches Verfahren eingeleitet.

Eingaben von Versicherten

Neben diesen politisch brisanten Themen hat sich das BVA auch mit weiteren Versorgungsthemen im Hilfsmittelsektor befasst. So wurden Fälle geprüft, in denen Versicherte mit der Rollstuhl-Versorgung durch die Krankenkassen unzufrieden waren. Dies betraf Zweitrollstühle, Zusatz­funktionen wie z. B. Hubfunktion oder Zusatzgeräte wie Schiebehilfen. Hier sei zu berücksichtigen, dass die Krankenkasse die Versorgung nur anhand des konkreten medizinischen Bedarfs durchführen muss. Es gehe dabei um den Basis­ausgleich der Behinderung. Auffällig war laut BVA auch die „kontinuierlich hohe Zahl der Versicherten“, die sich über die Versorgung insbesondere mit ableitenden Inkontinenz-Hilfsmitteln beschwerten.

So beklagten die Ver­sicherten, dass Leistungserbringer nur telefonisch zu erreichen seien. Das BVA forderte dann die Krankenkassen auf, ihre Vertragspartner auf die vereinbarten Pflichten von persönlicher Beratung etwa bei Hausbesuchen hinzuweisen. Probleme gab es auch beim Wechsel von Leistungserbringern aufgrund von Ausschreibungen und einem folgenden Produktwechsel. Dies sei von den Versicherten jedoch grundsätzlich hinzunehmen, außer wenn „zwingende medizinische Gründe für die bisherige Versorgung“ sprächen. Das BVA stellt fest: „Eine Versorgung mit von vornherein untauglichen Hilfsmitteln konnte im Übrigen nicht festgestellt werden.“

MTD Medizintechnischer Dialog 10 / 2018

Foto: Karolina Grabowska/Pixabay
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