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30. Mai 2022
Redaktion
Desinfektionsmittel

Abmahngefahr beim Verkauf via Internet

Wenn der Medizintechnik-Fachhändler XY Desinfektionsmittel über einen Online-Shop verkauft, sitzt das Risiko einer Abmahnung – für viele unbekannt – schnell mit im Boot. Dabei kreist die rechtliche Bewertung allein um eine Frage: Handelt es sich bei dem Produkt um ein Biozid oder ein Arzneimittel? Je nachdem, wie die Frage beantwortet wird, kommen verschiedene rechtliche Verpflichtungen zum Tragen.
Hände
Foto: Kreuz_und_Quer/Pixabay
Beim Online-Handel mit Deinfektionsmitteln droht eine Abmahnung.

Von Johannes Richard, Fachanwalt, Rechtsanwälte Richard Kempcke

Beim Verkauf von Desinfektionsmitteln über das Internet gibt es eine tückische Abmahnfalle: Ein Desinfektionsmittel kann rechtlich gesehen entweder ein Arzneimittel oder ein Biozid sein. So wird das Desinfektionsmittel Sterillium als Arzneimittel sowie als Biozid angeboten. Je nachdem, um welches Produkt es sich handelt, gibt es unterschiedliche Verpflichtungen bei einem Verkauf über das Internet.

Was steht auf der Verpackung?

Um zu prüfen, um was für eine Art von Produkt es sich handelt, empfiehlt es sich zum einen, auf der Internetseite des Herstellers nachzuschauen. Zudem unterscheidet sich die Kennzeichnung von Arzneimitteln und Bioziden erheblich:

Bei einem Arzneimittel ist auf der Verpackung oder den Begleitpapieren von „Wirkstoff“ und „Wechselwirkungen mit anderen Mitteln“ sowie „Nebenwirkungen“ die Rede, zudem kann es den Hinweis geben „Arzneimittel – für Kinder unzugänglich aufbewahren“. Ein Biozid wiederum enthält diese Informationen nicht, sondern eine mit dem Buchstaben N beginnende Registrierungsnummer der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA).

Rechtliche Verpflichtungen beim Internetangebot von Arzneimitteln 

Beim Internetangebot von freiverkäuflichen Arzneimitteln besteht gemäß § 67 Abs. 8 Arzneimittelgesetz die Verpflichtung, sich vor dem Verkauf bei der zuständigen Behörde zu registrieren. Es besteht des Weiteren die Verpflichtung, das sogenannte EU-Sicherheitslogo auf der Internetseite darzustellen. Das Logo muss auf den Registereintrag des Händlers auf der Webseite des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte verlinkt sein.

Verkauf von Bioziden über das Internet 

Eine ganz andere Informationsverpflichtung gibt es beim Angebot von Biozid-Produkten gemäß Art. 72 der Verordnung (EU) Nr. 528/2012. Es besteht die Verpflichtung, deutlich gestaltet folgenden Warnhinweis in die Artikelbeschreibung mit aufzunehmen: „Biozid-Produkte vorsichtig verwenden. Vor Gebrauch stets Etikett und Produktinformation lesen.“ Des Weiteren besteht die Verpflichtung, die Registriernummer der BAuA in die Artikelbeschreibung mit aufzunehmen.

Wettbewerbsrechtliche Abmahnungen drohen bei Verstoß

Sowohl das Angebot von Arzneimitteln ohne Registrierung nach Arzneimittelgesetz und Darstellung des Versandhandelslogos als auch das Angebot von Bioziden ohne Darstellung des Warnhinweises können wettbewerbswidrig sein. Sowohl Abmahnvereine als auch Wettbewerber können eine Abmahnung aussprechen. Im Rahmen einer Abmahnung werden eine strafbewehrte Unterlassungserklärung gefordert sowie Abmahnkosten geltend gemacht.

Da diese Verstöße bei Internetangeboten leicht zu recherchieren sind, ist dies ein durchaus häufig vorkommendes Abmahnthema.

Abmahnung mit Folgen 

Im Rahmen einer wettbewerbsrechtlichen Abmahnung wird eine sogenannte strafbewehrte Unterlassungserklärung gefordert: Auf der einen Seite soll der Abgemahnte sich verpflichten, zukünftig etwas zu unterlassen, auf der anderen Seite wird gefordert, dass er an den Abmahner für den Fall der Zuwiderhandlung gegen die Unterlassungsverpflichtung eine Vertragsstrafe zahlt.

In der Regel ist der Abmahnung eine Unterlassungserklärung beigefügt, die jedoch häufig zu weitgehend formuliert ist. Zudem bezieht sich die Unterlassungserklärung in der Regel ganz grundsätzlich auf das Angebot von Arzneimitteln oder Bioziden und ist nicht auf das ganz konkret abgemahnte Produkt beschränkt.

Vorsicht bei Unterlassungerklärung

Es sollte daher keinesfalls ohne anwaltliche Beratung eine Unterlassungserklärung abgegeben werden, da eine solche sehr lange wirksam ist und weitreichende Folgen haben kann. Es gibt zudem Konstellationen, in denen es sich nicht anbietet, eine Unterlassungserklärung abzugeben, selbst wenn die Abmahnung berechtigt ist.

(erschienen in MTD Medizintechnischer Dialog, Ausgabe 5/2022)

Foto: Karolina Grabowska/Pixabay
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