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26. August 2024
Redaktion
Circular Economy

Nachhaltige Lösungen für die Medizintechnik

Die Herstellung, Nutzung und Entsorgung von medizinischen Geräten und Produkten sowie deren Energieintensität tragen maßgeblich zum ökologischen Fußabdruck von Medtech-Firmen bei. „Nachhaltige Praktiken“ sind auch in der Medizintechnik von großer Bedeutung, um die Umweltaus­wirkungen zu minimieren und den Weg zu einer umweltfreundlicheren industriellen Gesundheitsbranche zu ebnen.
Stethoskop
Foto: Freepik.com

In der Medizintechnik bedeutet Circular Economy, den Lebenszyklus von Geräten und Produkten in einen nachhaltigen Kreislauf zu verwandeln. Hier dreht sich alles darum, wie die Abfallmenge reduziert werden kann, wie Hersteller Geräte gestalten, ihnen eine zweite Chance geben und schließlich ihre Materialien in einen neuen Rhythmus des Recyclings integrieren.

Mithilfe von nachhaltigen Praktiken, wie die Lebensdauer von medizinischen Geräten zu verlängern, Wiederaufbe­reitung zu fördern und Materialien zu recyceln, kann der Medizintechniksektor demnach ökologische Verantwortung übernehmen und positive Auswirkungen auf die globale Gesundheit erzielen. Denn nach Angaben von „Abfallmanager Medizin“ sind Krankenhäuser mit 4,8 Mio. Tonnen pro Jahr bereits auf Platz fünf der größten Abfallproduzenten Deutschlands.

Wie es in Sachen Nachhaltigkeit in der Medizintechik-Branche sonst so steht, hat das WifOR-Institut im Auftrag des BVMed-Instituts mit seiner Nachhaltigkeitsstudie „SEE-Impact-Study der deutschen Medtech-Branche“ erstellt.

„Um einen nachhaltigen Kreislauf herzustellen, sind Aspekte zu betrachten wie die einfache Demontierbarkeit von separat zu behandelnden Komponenten, zum Beispiel seltenerdhaltige Motoren und Batterien, oder der minimale Einsatz von Einmalprodukten sowie von Verpackungsmaterialien“, sagt Dr. Romy Auerbach, Projektleitung Medizintechnik bei der Fraunhofer-Einrichtung für Wertstoffkreisläufe und Ressourcenstrategie IWKS.

Nachhaltigkeit durch Langlebigkeit

Das Designen für Langlebigkeit ist eine Praktik, die nachhaltige Lösungen durch die Medizintechnik fördern kann. Dieser Ansatz in der Produktgestaltung zielt darauf ab, medizinische Geräte so zu konzipieren, dass sie über eine verlängerte Lebensdauer verfügen. Dies beinhaltet den Einsatz hochwertiger, langlebiger Materialien sowie die Integration von Konstruktionsmerkmalen, die es ermöglichen, bestimmte Komponenten leicht zu ersetzen oder zu reparieren, ohne das gesamte Gerät austauschen zu müssen.

Design im Fokus

Laut Frank Detering, Dipl. Designer bei Wild Design, einer Agentur für Medical Design, ist es die wichtigste Voraussetzung, beim Entwerfen von medizinischen Geräten stets nachhaltige Lösungen im Blick zu behalten. „Vor etwa 15 Jahren war ich beispielsweise bei der Entwicklung eines chirurgischen Kombi-Instruments zum Schneiden und Koagulieren beteiligt. Das war bei der Einführung damals einzigartig, denn alternativ dazu gab es bis dahin nur Single-Use-Produkte. Der wichtigste Designbeitrag besteht darin, langlebige Produkte zu gestalten, also Designs und Formensprachen, die nicht nach wenigen Jahren schon als veraltet erkennbar wären. Im Materialbereich und bei Verpackungen hat dieses Bewusstsein allmählich eingesetzt“, sagt Detering.

Weiße
Foto: TBN
Sabrina Schnappauf.

Einfache Separierbarkeit

Hermann Achenbach, Leiter Nachhaltigkeit und Kreislaufwirtschaft des Kunststoffzentrums SKZ, verdeutlicht die Bedeutung von langlebigem Gerätedesign: „Grundsätzlich ist natürlich die einfache Separierbarkeit der Kunststoffteile wichtig. Klebeverbindungen sollten beispielsweise vermieden werden, sie sind oft schwer zu trennen und bringen Verunreinigungen mit sich. Es gibt auch andere Fügeverfahren, die eine Auftrennung vereinfachen. Beim Design muss darauf geachtet werden, dass die Geräte so zerlegt werden können, dass Verunreinigungen durch Glas, Metalle, Fasern, Holz, Papier, Pigmente, Additive oder Flammschutzmittel nicht auftreten.“ Auf diese Weise können Geräte nach ihrer Nutzung leichter zerlegt und ggf. ersetzt werden.

Ein vielversprechender Trend ist auch die verstärkte Verwendung von modularen Komponenten. Diese ermöglichen nicht nur eine einfachere Wartung, sondern auch eine gezielte Aktualisierung oder Reparatur von spezifischen Teilen, ohne dass das gesamte Gerät außer Betrieb genommen werden muss. Dies trägt nicht nur zur Verlängerung der Lebensdauer bei, sondern minimiert den Elektroschrott und reduziert den Ressourcenverbrauch.

Ein weiterer innovativer Ansatz besteht darin, fortschrittliche Diagnose- und Überwachungstechnologien zu integrieren, die eine frühzeitige Identifizierung von potenziellen Problemen erlauben. Dies ermöglicht präventive Wartungsmaßnahmen, bevor schwerwiegendere Schäden auftreten, und fördert somit die Nachhaltigkeit der medizinischen Geräte.

Präventive Wartung

Durch die Implementierung solcher Methoden kann die Medizintechnikbranche nicht nur ihre ökologische Bilanz verbessern, sondern auch wirtschaftliche Vorteile durch längere Nutzungsdauer und reduzierte Betriebskosten erzielen. Laut Softwareanbieter Praxedo ist gerade die Wartung von Geräten ein bedeutender Kostenfaktor für Krankenhäuser. Diese Kosten lassen sich bei präventiver Wartung deutlich reduzieren.

Perspektiven durch Wiederaufbereitung

Gerätedesign, das auf einfache Demontage und Wiederaufbereitung abzielt, fördert ebenfalls die Nachhaltigkeit in der Medizintechnik. Klare Kennzeichnungen und standardisierte Module erleichtern den Recyclingprozess. Um diesen Ansatz zu unterstützen, könnten Hersteller auf Rücknahmesysteme setzen, die es Anwendern ermöglichen, Geräte am Ende ihrer Lebensdauer unkompliziert zurückzugeben.

Das ElektroG Gesetz vom 16. März 2005, welches die Rücknahme und die umweltverträgliche Entsorgung von Elektrogeräten reguliert, setzt z. B. auch europäische Vorschriften zur Vermeidung von Abfällen und zur Schonung von Ressourcen um.

„Medizinprodukte mit elektrischen bzw. elektronischen Komponenten gelten beispielsweise als Elektrogeräte und fallen unter die Regelungen der ElektroG Gesetzgebung. Damit sind Händler bzw. Hersteller verpflichtet, diese zurückzunehmen und zu verwerten. Dies wird bei medizinischen Großgeräten zum ge­wissen Anteil auch getan, indem sie refurbished werden, um dann erneut dem Markt zugeführt zu werden oder als Ersatzteile zu dienen“, erklärt Dr. Auerbach. „Dies verringert das Abfallaufkommen und hat zum Ziel, marktfähige Fraktionen aus Metallen und Kunststoffen zu gewinnen.“

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Foto: Karolina Grabowska/Pixabay
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