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17. Februar 2023
Redaktion
Nachweisgesetz 2022:

Neue Pflichten für Arbeitgeber

Rechtsanwalt Peter Hartmann, Kanzlei Hartmann
Das neue Nachweisgesetz (NachwG) gewinnt für Arbeitgeber erheblich an Bedeutung, denn es beinhaltet erstmals eine Sanktionsmöglichkeit bei Verstößen und es droht eine Geldbuße bis zu 2.000 Euro.
Foto: Gerd Altmann/Pixabay

Seit dem 1. August 2022 gilt das neue Nachweisgesetz (NachwG), aus dem sich diverse neue Pflichten für Arbeitgeber ergeben. Grundlage ist die EU-Arbeitsbedingungenrichtlinie, die eine Novellierung des bislang gültigen NachwG erforderlich gemacht hat. Der Katalog nachweispflichtiger Tatbestände wurde dabei massiv erweitert.
Jeder Arbeitgeber wird sich deshalb mit den nun geltenden neuen Anforderungen beschäftigen müssen, zumal Verstöße nicht sanktionslos bleiben, wie am Ende des Artikels dargestellt.

Primär nur neue Arbeitsverträge betroffen

Die gute Nachricht zuerst: Die schon bestehenden Arbeitsverträge müssen nicht verändert werden. Die neuen Nachweispflichten gelten nur für diejenigen, deren Arbeitsverhältnis ab dem 1. August 2022 beginnt. Hat das Arbeitsverhältnis bereits bei Inkrafttreten des Gesetzes bestanden, besteht zunächst kein Handlungsbedarf.
Wenn allerdings schon länger beschäftigte Mitarbeiter unter Bezugnahme auf das NachwG Informationen einfordern, müssen diesen die Pflichtinformationen innerhalb von sieben Tagen (für einzelne Informationen ist eine längere Frist vorgesehen) schriftlich ausgehändigt werden.

Nachweise nur in Schriftform

Leider hat der deutsche Gesetzgeber wieder einmal die Möglichkeiten, die Digitalisierung voranzutreiben, verpasst. Nach der EU-Arbeitsbedingungenrichtlinie wäre es nämlich zulässig gewesen, die Anforderungen nach dem NachwG digital zu erfüllen. Dies hat der Gesetzgeber aber abgelehnt, sodass alle Nachweise nach wie vor in Schriftform – also auf Papier – erbracht werden müssen.

Die vom Gesetz geforderten Nachweise werden nicht zu Bestandteilen des Arbeitsvertrages; vielmehr handelt es sich um reine Wissenserklärungen. Warum diesen dennoch erhebliche Bedeutung zukommt, wird im Folgenden dargestellt.

Zusätzliche Pflichtangaben sind erforderlich

Zusätzlich zu den bislang schon bestehenden Anforderungen nach dem alten NachwG müssen in den Arbeitsverträgen, die ab dem 1. August 2022 abgeschlossen werden, folgende zusätzliche Pflichtangaben aufgeführt werden:

Befristete Arbeitsverhältnisse
Bei befristeten Arbeitsverhältnissen muss das Enddatum des Arbeitsverhältnisses benannt werden. Diese Anforderung betrifft auch die Regelung zum Renteneintritt, da dies auch eine Form der Befristung darstellt.
Von daher ist anzuraten, dass im Hinblick auf die Regelungen zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses wegen Erreichen des Rentenalters zukünftig zumindest aufgenommen wird, mit welchem Alter der Renteneintritt erfolgt. Ideal wäre insoweit die konkrete Angabe des Datums, zu dem das Rentenalter erreicht ist, was ohne Auskunft des Rentenversicherungsträgers in der Regel aber kaum möglich sein dürfte.

Beschreibung der Tätigkeit
Verpflichtend anzugeben ist nunmehr eine kurze Charakterisierung bzw. Beschreibung der Arbeitstätigkeit. Die bloße Angabe „kaufmännischer Angestellter“ genügt diesen Anforderungen z. B. nicht – anzugeben ist eine konkrete Umschreibung der Tätigkeit.

Angabe des Arbeitsortes
Anzugeben ist ferner der Arbeitsort oder, falls der Arbeitnehmer nicht nur an einem bestimmten Arbeitsort tätig sein soll, ein Hinweis darauf, dass der Arbeitnehmer an verschiedenen Orten beschäftigt werden oder seinen Arbeitsort frei wählen kann. Diese Regelung wird gerade im Hinblick auf die Fragen zum Homeoffice und dem Direktionsrecht des Arbeitgebers sehr genau ausformuliert sein müssen.

Probezeit
Ist eine Probezeit vereinbart, ist deren Dauer konkret anzugeben.

Arbeitsentgelt
Die Zusammensetzung und die Höhe des Arbeitsentgelts einschließlich der Vergütung von Überstunden, der Zuschläge, der Zulagen, Prämien und Sonderzahlungen sowie anderer Bestandteile des Arbeitsentgelts (einschließlich Urlaubsgeld) und deren Fälligkeit sowie die Art der Auszahlung sind zu benennen.
Aufgrund des Wortlauts der Norm ist davon auszugehen, dass die Angaben zu Fälligkeit und Art der Auszahlung für jeden Gehaltsbestandteil gesondert gemacht werden müssen.

Arbeitszeit
Die vereinbarte Arbeitszeit, vereinbarte Ruhepausen und Ruhezeiten sind zu benennen. Konkret benannt werden muss die vereinbarte Arbeitszeit; im Hinblick auf Ruhepausen und Ruhezeiten darf – sofern keine gesonderten Vereinbarungen bestehen – auf die Regelungen des Arbeitszeitgesetzes verwiesen werden.

Schichtarbeit
Ist Schichtarbeit vereinbart, müssen das Schichtsystem, der Schichtrhythmus und die Voraussetzungen für Schichtänderungen benannt werden.

Überstunden
Zu den Pflichtangaben gehören ferner die Angaben über die Möglichkeit der Anordnung von Überstunden und deren Voraussetzungen.
Betriebliche Altersvorsorge
Sagt der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer eine betriebliche Altersversorgung über einen externen Versorgungsträger zu, muss er dem Arbeitnehmer den Namen und die Anschrift des Versorgungsträgers mitteilen.

Kündigungen
Besonders relevant dürften die Anforderungen im Hinblick auf Kündigungen werden. Nach den Neuregelungen muss der Arbeitgeber über das bei der Kündigung des Arbeitsverhältnisses vom Arbeitgeber und Arbeitnehmer einzuhaltende Verfahren, mindestens das Schriftformerfordernis und die Fristen für die Kündigung des Arbeitsverhältnisses sowie die Frist zur Erhebung einer Kündigungsschutzklage informieren.
In gewissem Umfang darf der Arbeitgeber bei dieser Information (ausnahmsweise) auch auf gesetzliche Regelungen verweisen. Teilweise wird vertreten, dass sich aus der wenig präzisen Formulierung im NachwG die Anforderung ergebe, dass auch angegeben werden müsse, wer in dem jeweiligen Unternehmen zur Kündigung befugt ist.

Weiteres
Weitere Anforderungen betreffen etwa zugesagte Fortbildungen oder die Abrufarbeit, für die sich eine Vielzahl explizierter Vorgaben in den Neuregelungen des NachwG finden.

Umsetzung der Anforderungen des NachwG

Wie genau die neuen Regelungen aussehen, insbesondere wie detailliert sie sein müssen, ist derzeit noch nicht abschließend geklärt. Weder der neue Gesetzestext des NachwG noch die Gesetzesbegründung geben über die genauen Anforderungen an Arbeitgeber hinreichend Auskunft.
Insoweit hat sich der Gesetzgeber bewusst dafür entschieden, dem NachwG keine Musternachweise, also empfohlene Formulierungen beizufügen. Hilfestellungen sollen die „zur Rechtsberatung im Einzelfall berufenen Stellen wie Kammern und Verbände sowie die rechtsberatenden Berufe“ bieten (Bundestags-Drucksache 20/2245, Seite 3).

Ausblick

Dass dies geradezu zwangsläufig zu weiteren Problemen führen wird, dürfte auf der Hand liegen. Dies ist umso ärgerlicher, als dass auch die Rechtsfolgen, die sich bei einem Verstoß gegen das NachwG ergeben, überhaupt nicht geklärt sind. Sicher ist nur, dass jeder Verstoß mit einer Geldbuße von bis zu 2.000 Euro geahndet werden kann. Welche Auswirkungen Verstöße gegen das NachwG im Übrigen haben, ist aber komplett ungeklärt.
Einerseits wird zwar betont, dass das NachwG nur den Nachweis bestimmter Vertragsinhalte fordert, selbst aber kein Vertragsbestandteil ist. Andererseits wird aber schon diskutiert, dass etwa unterbliebene Angaben zum Kündigungsverfahren dazu führen können, dass verspätete Kündigungsschutzklagen nach § 5 KSchG zugelassen werden müssen.
Außerdem wird konstatiert, dass dem Arbeitnehmer bei einem fehlenden oder fehlerhaften Nachweis in Bezug auf das Schriftformerfordernis, die Kündigungsfrist und/oder die Klagefrist ein Schadensersatzanspruch gegen das Unternehmen wegen schuldhafter Nichterfüllung der gesetzlichen Nachweispflicht zustehen könne.
Die sich aus Verstößen gegen das NachwG ergebenden Risiken lassen sich daher aktuell kaum abschätzen.

Foto: Karolina Grabowska/Pixabay
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