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6. Februar 2018
Redaktion
Blutzuckerteststreifen

Millionenschaden durch Schwarzmarkt mit Teststreifen

Blutzuckerteststreifen sind ein wichtiges Instrument für einen insulinpflichtigen Diabetiker, um im Rahmen des Therapie-Selbstmanagements permanent den Blutzuckerwert zu kontrollieren.
Millionenschaden,
Foto: privat
Prof. Burchert errechnete einen zweistelligen Millionenschaden für die GKV.

Bei bestimmten Indikationen finanzieren die gesetz­lichen Krankenkassen die Teststreifen. Parallel hat sich ein Schwarzmarkt etabliert, der einen Millionenschaden verursacht.

In Online-Handelsportalen werden von privaten Verkäufern Blutzuckerteststreifen zum Kauf angeboten. Ein durchschnittlich realisierter Verkaufspreis in Höhe von rund 18,50 Euro für eine Packung mit 50 Teststreifen lasse den Verdacht aufkommen, so Prof. Dr. Heiko Bur­chert von der Fachhochschule Bielefeld, dass diese Teststreifen nicht zuvor selbst käuflich erworben wurden und nun weiterverkauft werden. Es stelle sich also die Frage nach der Herkunft der Teststreifen. Als eine Quelle kämen Diabetiker infrage, die die für ihr Therapie-Selbstmanagement erhaltenen Teststreifen weiterverkaufen, statt sie zu nutzen.

Burchert, Experte für betriebswirtschaftliche und rechtliche Grundlagen des Gesundheitswesens, hat das Verkäuferverhalten im Internet seit längerer Zeit akribisch verfolgt. Sein Fazit: „Unsere Untersuchungen belegen deutlich, dass die Versicherten, also die Diabetiker selbst, oftmals auch die Verkäufer sind.“ Weitere Verkäufergruppen finden sich „nahe am Diabetiker“ unter den Mitarbeitern von Pflegediensten und -heimen oder in diabetologischen Schwerpunktpraxen. Ihnen gemein ist das Interesse an einem Nebeneinkommen. Während ein Diabetiker mit dem Verkauf seiner Teststreifen im Jahr zwischen 200 und 300 Euro verdient, liegt der Spitzenverdiener bei 18.000 Euro pro Jahr.

Auch die Käufer dieser Teststreifen lassen sich benennen. Neben den Typ-II-Diabetikern, welche über ihre gesetzlichen Krankenversicherungen keine Teststreifen bereitgestellt bekommen, sondern sie selber kaufen müssen, seien das insbesondere Privatpatienten. Burchert: „Privatversicherte Diabetiker haben zumeist einen Tarif gewählt, in welchem die Arzneimittelkosten ausgespart sind. Die günstigen Online-Angebote geben ihnen recht.“

Nach mehrjährigen Analysen liegen Daten über die Dimensionen dieses Schwarzmarktes und seiner Entwicklung vor und wurden bereits schrittweise veröffentlicht. Antworten auf sich daraus ergebende Fragen sollten dringend gefunden werden, fordert Burchert und ergänzt: „Denn wenn davon ausgegangen werden kann, dass aktuell knapp 13.000 private Verkäufer, Stand August 2017, jährlich rund 27,7 Millionen Teststreifen in Deutschland verkaufen, dann lässt sich darin auch ein ernster finanzieller Schaden für die gesetzlichen Krankenversicherungen in Höhe von rund 15 Mio. Euro pro Jahr erkennen.“ Und diese hätten ein Eigeninteresse daran, den unkontrollierten Online-Handel mit Blutzuckerteststreifen zu unterbinden. Nicht zuletzt trügen sie auf diesem Weg zur Subventionierung der Privatpatienten bei.

 

MTD Medizintechnischer Dialog 01 / 2018

Foto: Karolina Grabowska/Pixabay
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