Folgen Sie uns
5. August 2024
Redaktion
ZMT-Infotage 2024

KI in der Medizintechnik hat ihre Reize!

KI hier, KI da. Doch was kann KI wirklich und speziell mit Blick auf die Medizintechnik-Branche am Ende nutzenbringend leisten? Antworten darauf gab anlässlich der ZMT-Infotage in Weimer Marcus Rüb, KI-Trainer der Initiative Mittelstand 4.0 – Kompetenzzentren der Hans-Schickard-Gesellschaft. Er versprach keine Wunderdinge. Gleichwohl führte er die Tagungsteilnehmer entlang eines Pfades der Chancen und Möglichkeiten in einer KI-offenen Unternehmenskultur.
Foto: MTD-Verlag
Marcus Rüb verdeutlichte, wo KI seine Stärken im Unternehmen ausspielen kann.

Alle reden von KI, aber benötigen wir überhaupt eine KI-Revolte? „Ganz klar, ja!“ so Marcus Rüb. Steigende Energie- und Materialkosten, Fachkräftemangel, Inflation – Grund genug aus seiner Sicht, KI eine Chance zu geben: „KI kann ein Tool sein, diese Probleme zu lösen.“

Musik spielt bei Produkten

Eine ganz spannende Spielwiese für KI ist aus seiner Sicht die Medizintechnik. So sei es kein Zufall, dass mehr und mehr Tech-Unternehmen wie Meta (vormals Facebook) in den Gesundheits-Sektor drängen, obwohl sie keine Ahnung davon hätten. „Amazon & Co. kaufen Krankenhäuser, um an die Gesundheitsdaten zu kommen“, nannte Rüb als Beispiel.

Mit Hilfe von KI ließen sich Produkte verbessern und deren Umsatz erhöhen. Beispielhaft verwies Rüb auf Entwicklungen wie fastMRI – ein gemeinsames Forschungsprojekt von Facebook AI Research (FAIR) und NYU Langone Health zur Untersuchung des Einsatzes von KI, um MRT-Scans zu beschleunigen.

Mehr noch: So finde KI auch Anwendung in der Diagnoseunterstützung. Algorithmen könnten große Mengen medizinischer Daten verarbeiten, um Muster zu identifizieren und Ärzten bei der Diagnosestellung zu helfen.

Höhere Produktivität

Seine Spuren – positiver Art – hinterlasse der intelligente Einsatz von KI auch in der Produktion. Bei der Herstellung von Medizintechnikgeräten könne KI dazu beitragen, deren Effizienz und Qualität zu steigern. Gleichzeitig könne man KI-gesteuerte Systeme zur Überwachung von Produktionslinien einsetzen. Vorteil: Qualitätsprobleme werden identifiziert und behoben, bevor sie zu Produktionsausfällen führen. Zudem könne man KI-Algorithmen zur Vorhersage und Verwaltung von Lieferketten einsetzen, um so Engpässe zu vermeiden und die Produktivität zu steigern.

Rüb verwies in diesem Kontext auf aus seiner Sicht vier wichtige KI-Tools, um Produktion, aber auch Entwicklung zu optimieren:

  • Predective Maintenance (vorausschauende Wartung),
  • Predective Quality (vorausschauende Qualität),
  • KI-Qualitätssicherung (Bauteil defekt oder okay?),
  • Berichterstellung (anhand von ChatGPT).

Inhouse-Unterstützung

Seine Stärken generell könne KI – branchenunabhängig – in jedem Unternehmen vor allem auch intern ausspielen, so Rüb. Und er machte Mut, sich mit dafür möglichen KI-Tools ergebnisoffen auseinanderzusetzen.

Ein Zauberwort hierbei sicher: „Prozess-Automatisierung“. So könne man sich ChatGPT problemlos zum Verfassen von Berichten, ja sogar QM-Handbüchern nützlich machen. Via Chatbot ließen sich Kundenanfragen abfangen – und damit auch entsprechend auswerten. Weitere Spielwiesen für ChatGPT sind laut Rüb auch die Erstellung von Umfragen, das Schreiben von Angeboten oder auch Marktanalysen.

Für Rüb jedenfalls ist eines klar: Der Einsatz von KI kann dazu beitragen, den Verwaltungsaufwand zu reduzieren und den Informationsfluss zu verbessern. KI könne beispielsweise schon bei der Automatisierung von Routineaufgaben wie Datenverwaltung, Terminplanung oder Beantwortung einfacher Kundenanfragen seine Stärken ausspielen.

Des Weiteren biete sich KI auch mit Blick auf Datenanalyse und damit verbundene Entscheidungsprozesse an.

Nachgehakt

Herr Rüb, blinder Aktionismus ist sicher auch beim Thema KI der falsche Weg. Worüber sollte man sich zuallererst Gedanken machen, wenn man mit dem Einsatz von KI im eigenen Unternehmen starten will?

Zunächst sollte man sich die Frage stellen: Welche Anwendungsfälle (Use Cases) existieren in meinem Unternehmen und verfüge ich über die erforderlichen Daten dafür?

Viele ZMT-Teilnehmer sind aus dem Fachhandels-Bereich. Wo sehen Sie hier die wichtigsten Angriffsfelder für den Einsatz von KI?

Die bedeutendsten Einsatzmöglichkeiten sehe ich im Bereich Marketing sowie in der Prozessautomatisierung, einschließlich Einkauf, Support und Service.

KI wird derzeit hoch gehandelt und hoch gelobt. Aber ein Wundermittel ist KI doch sicher nicht? Ist die Gefahr also groß, am Ende enttäuscht zu sein?

KI ist zwar kein Wundermittel, aber sie stellt einen Paradigmenwechsel dar, ähnlich wie es einst Elektrizität und das Internet waren. Die Gefahr, enttäuscht zu werden, besteht durchaus. Dies liegt meist daran, dass die Daten ungeeignet sind oder der Anwendungsfall nicht ausreichend definiert ist.

Was kann ein Fachhandels-Unternehmen beim KI-Einsatz ungewollt falsch machen?

Ein häufiges Problem ist, dass Unternehmen nicht genau wissen, welche Prozesse sie verbessern oder automatisieren möchten.

Ist der Einsatz von KI auch eine Kostenfrage?

Die Kostenfrage lässt sich nicht völlig von der Hand weisen. Der Einsatz von KI erfordert Investitionen. Allerdings gibt es auch unterstützende Maßnahmen wie KI-Trainer und verschiedene Förderprogramme auf Landes- und Bundesebene, die den Einstieg erleichtern können.

Können Sie uns hier ein paar gute Adressen nennen?

Ein gute Anlaufstelle ist die Seite des Bundesministeriums für Wirtschaft und dessen Liste aller KI-Trainer. Hier der Kurzlink: https://t1p.de/KI-Links. Natürlich stehe aber auch ich als KI-Trainer Interessenten direkt zur Verfügung. Meine Kontaktdaten: Marcus.rueb@hahn-schickard.de

Werden Fachhandels-Unternehmen im Medizinproduktebereich ohne den Einsatz von KI aus Ihrer Sicht überleben?

Fachhandelsunternehmen im Medizinproduktebereich stehen vor erheblichen Herausforderungen, wenn sie den Einsatz von KI ignorieren. KI bietet erhebliche Vorteile in Bezug auf Effizienz, Präzision und Kundenzufriedenheit. Unternehmen, die KI erfolgreich implementieren, können ihre Betriebsabläufe optimieren, präzisere Prognosen erstellen und einen besseren Kundenservice bieten. Ohne den Einsatz von KI könnten Unternehmen Gefahr laufen, wettbewerbsmäßig zurückzufallen und Marktanteile an innovativere Wettbewerber zu verlieren.

Daher ist es aus meiner Sicht unwahrscheinlich, dass Fachhandelsunternehmen im Medizinproduktebereich langfristig überleben können, wenn sie die Potenziale der KI nicht nutzen. Allerdings hängt dies auch stark von der spezifischen Marktposition, der Kundenbasis und der Fähigkeit zur Anpassung und Innovation ab.

Herr Rüb, danke für das Gespräch.

 

 

Ihnen hat dieser Artikel gefallen? Dann lernen Sie das Fachmagazin MTD Medizintechnischer Dialog noch besser kennen. Bestellen Sie jetzt Ihr Test-Abonnement.

Foto: Karolina Grabowska/Pixabay
Person
Zurück
Speichern
Nach oben