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31. Januar 2023
Redaktion
Qualität der Inkontinenz-Versorgung

GWQ befragt Versicherte

Von Ende April bis Mitte Mai 2022 hat der Krankenkassendienstleister GWQ ServicePlus gemeinsam mit 14 Krankenkassen Versicherte zur Versorgungsqualität mit aufsaugenden Inkohilfen befragt. Es ging zudem um die Erfüllung der gesetzlichen und vertraglichen Regelungen durch die Leistungs­erbringer. Die teilnehmenden Versicherten waren laut GWQ weit überwiegend mit ihrer Inkontinenzversorgung zufrieden. Besonders wichtig war ihnen Qualität und Service der Versorgung sowie der Tragekomfort der Hilfsmittel. Es wurden allerdings auch Verbesserungspotenziale ausgemacht. Die MTD-Redaktion befragte Dorothee Bitters, Leiterin Hilfsmittel bei der GWQ, sowie Patrick Frohs, Leitung Hilfsmittel bei der Audi BKK, zu den Ergebnissen.
Foto: Birgit Reitz-Hofmannm/Fotolia

Frau Bitters, Herr Frohs, steigen wir doch gleich in medias res in die Ergebnisse der Befragung ein: Wie zufrieden sind die Versicherten mit dem Service der Leistungserbringer?
Bitters: Das Gesamtergebnis ist positiv: Über 80 Prozent der befragten Versicherten sind in den Bereichen Kundenbetreuung, Personal und Gesamtservice – also Erreichbarkeit, Nachbestellungen, Lieferfristen, Dauer – ziemlich oder sogar sehr zufrieden mit dem von ihnen gewählten Leistungserbringer.

Die Zuverlässigkeit der Lieferung war besonders gut: Bei rund 90 Prozent erfolgt die Lieferung pünktlich, gemäß Vertrag zwei Werktage nach Genehmigung durch die Krankenkasse.

Frohs: Auch im direkten Kontakt zu unseren Versicherten erreichen uns überwiegend positive Rückmeldungen zur Versorgungsqualität im Bereich der aufsaugenden Inkontinenzhilfsmittel. Das Ergebnis der Befragung zeigt uns aber auch, dass ein Teil unserer Kunden sich nicht mit der Audi BKK in Verbindung setzt, selbst wenn es bei der Versorgung augenscheinlich Defizite gibt.

Wir suchen nach Mitteln und Wegen, um sicherzustellen, dass unsere Versicherten noch besser über ihre Ansprüche und die vertraglich vereinbarten Qualitätskriterien informiert sind.

Nach welchen Kriterien wählten die Versicherten ihren Lieferanten aus?
Bitters: Wir stellen schon seit längerem fest, dass sich Versicherte immer häufiger auf der Homepage ihrer Krankenkasse informieren. Dies war auch in unserer aktuellen Versichertenbefragung das präferierte Informationsmedium. An zweiter Stelle wurde die Empfehlung des persönlichen Umfelds genannt.

Bei der Auswahl des Leistungserbringers spielt dann eine aufzahlungsfreie Versorgung für die Versicherten die wichtigste Rolle, das haben 20 Prozent der Befragten angegeben. Daneben ist noch die räumliche Nähe und wieder die persönliche Empfehlung entscheidend.

Frohs: Auch in unserem Haus zeigt sich, dass die Versicherten zunehmend eigenständig auf unserer Homepage zu den Verträgen und den Vertragspartnern der Audi BKK recherchieren und Informationen einholen. Aus unserer Sicht wird dies auch in Zukunft das Mittel der Wahl sein, da die gesetzlichen Krankenkassen ihre Versicherten bei der Wahl eines Leistungserbringers nicht beeinflussen dürfen.

Haben Sie auch gefragt, ob es um Sanitätshäuser vor Ort oder überregionale Leistungserbringer ging?
Bitters: Bei der Befragung haben wir zwischen Homecare-Unternehmen, Sanitätshaus, Apotheke und Pflegeeinrichtung unterschieden. Die Hälfte der Befragten wurde von einem Homecare-Unternehmen versorgt. Die meisten Befragten erhalten ihre Produkte frei Haus.

Der Anteil an Versorgungen über die Apotheke und Pflegeheime war gering. Das bestätigen auch die Abrechnungsdaten. Wir entwickeln derzeit unser Beitrittsmanagement für Leistungserbringer weiter, sodass Leistungserbringer künftig angeben können, für welche Region sie versorgen. Diese Information wird den Versicherten dann auch bei der Vertragspartnersuche angezeigt.

Und wie steht es mit den Produkten? Womit sind die Nutzer zufrieden, was wünschen sie sich?
Bitters: Auch hier waren über 80 Prozent der Befragten erfreulicherweise ziemlich oder sehr zufrieden mit der angebotenen Produktqualität, insbesondere mit der Materialqualität und Sicherheit gefolgt vom Tragekomfort. Die für eine Versorgung geeigneten Inkontinenzhilfen werden den Versicherten im Rahmen einer Bemusterung vorgestellt. Das ist für knapp zwei Drittel der Versicherten wichtig bzw. sehr wichtig. Über 80 Prozent haben die Bemusterung durch den Leistungserbringer als ausreichend empfunden.

Auch in der Produktgruppe 15 spielt vor allem bei aufsaugenden Hilfsmitteln der Bezug gegen Mehrkosten eine Rolle …
Bitters: Ein Drittel der Befragten entschieden sich für eine mehrkostenpflichtige Versorgung. Dabei stand vor allem ein angenehmeres Tragegefühl, die Qualität der Materialien und der Komfort im Fokus. Dagegen spielten die Aspekte Sicherheit/Saugfähigkeit, „Markenprodukt“ und die Empfehlung durch die Fachkraft eher eine untergeordnete Rolle.

Im Durchschnitt zahlen die Versicherten hierfür 16,33 Euro zusätzlich an ihren jeweiligen Leistungserbringer. Der Großteil der Befragten empfand die vom Leistungserbringer genannten Gründe für eine aufzahlungspflichtige Versorgung nachvollziehbar.

Zwar ist der Anteil der mehrkostenpflichtigen Versorgungen im Vergleich zum Mehrkostenbericht des GKV-Spitzenverband höher, die Höhe der Aufzahlung ist jedoch wesentlich niedriger (16,33 vs. 105,63 Euro). Allerdings unterscheidet der GKV-SV nicht zwischen aufsaugenden und ableitenden Inkontinenzhilfen.

Frohs: Für die Audi BKK stellt sich ein ähnliches Bild dar. Der Anteil der Befragten, die sich für eine mehrkostenpflichtige Versorgung entschieden haben, lag mit 47 Prozent sogar noch über dem Durchschnitt der teilnehmenden GWQ-Kassen. Die durchschnittliche Höhe der Mehrkosten lag bei 16,27 Euro und damit leicht unter dem durchschnittlichen Vergleichswert.

Die Kunden der Audi BKK sind vor allem für ein angenehmeres Tragegefühl sowie für einen höheren Komfort bereit, Mehrkosten zu tragen. Diese beiden Gründe dominierten mit 46 bzw. 40 Prozent die Antworten im Rahmen der Befragung.

Die Krankenkassen sehen die Versorgung zu Mehrkosten ja etwas kritisch. Erfüllten die Versorger die vertraglichen Vorgaben nicht ausreichend, z. B. Menge, Auswahl an mehrkostenfreien Produkten usw.?
Bitters: Die gesetzlichen und vertraglichen Anforderungen an die Versorgung mit aufsaugenden Inkontinenzhilfen sind hoch. Zum Beispiel haben wir im Vertrag geregelt, dass dem Versicherten bei der Bemusterung mindestens zwei Produkte aufzahlungsfrei angeboten werden müssen, davon muss ein Produkt über einen Nässeschutzindikator sowie über atmungsaktive Seitenteile verfügen.

Einem Fünftel der Befragten wurden diese Möglichkeiten bei der Bemusterung nicht angeboten, ein Teil wurde sogar gar nicht auf die Möglichkeit einer aufzahlungsfreien Versorgung hingewiesen.

Darüber hinaus wurde bei der Bemusterung vielfach nicht darauf hingewiesen, dass bei bestimmten Produkten Aufzahlungen anfallen. Vereinzelt gaben Versicherte auch an, dass sie nicht die verordnete Menge erhalten haben. Besonders erstaunlich war dabei, dass die Leistungserbringer dem Versicherten gegenüber ausführten, dass die Krankenkassen angeblich nicht mehr Produkte bezahlen würden, was bei der vertraglich geregelten Pauschalvergütung natürlich Nonsense ist.

Das sind No-Gos, denen wir und unsere Kundenkassen natürlich nachgehen werden. Zusammenfassend lässt sich aber feststellen, dass die vertraglichen Anforderungen in den überwiegenden Fällen von den Leistungserbringern eingehalten werden.

Frohs: Aus den Ergebnissen der Befragung sowie aus regelmäßigen Gesprächen mit unseren Vertragspartnern wissen wir, dass die derzeit vereinbarte Monatspauschale einerseits wirtschaftlich für die Audi BKK, andererseits aber auch auskömmlich für die Leistungserbringer ist.

Sollte dies bei einzelnen, besonders schwerwiegenden Versorgungen nicht der Fall sein, haben wir in der Vergangenheit mit Leistungserbringern auch bilaterale Gespräche geführt und gemein­sam Lösungsmöglichkeiten erörtert.

Wie hoch ist der Anteil der Leistungserbringer, wo diesbezüglich Verbesserungsbedarf besteht und wie gehen die Krankenkassen auf diese Lieferanten zu?
Bitters: Bei circa 15 Prozent der Leistungserbringer wurden Vertragsverstöße registriert. Hierbei handelt es sich zum Beispiel um Vertragspartner, die im Rahmen der Bemusterung weder zwei aufzahlungsfreie Produkte noch ein Produkt mit Nässeschutzindikator und atmungsaktiven Seitenteilen angeboten haben, obwohl dies vertraglich eindeutig so geregelt ist. Oder Leistungserbringer, bei denen Mehrkosten anfallen und die bei den betreffenden Fällen zuvor keine aufzahlungsfreien Produkte angeboten haben.

Eine zu geringe Menge und auffallend viele mehrkostenpflichtige Versorgungen sind weitere Indikatoren. Die hiervon betroffenen Vertragspartner werden wir im Rahmen eines Mailings nochmals explizit auf die festgestellten Vertragsverstöße und die vertraglichen Pflichten hinwiesen. Darüber hinaus besteht für die Krankenkassen die Möglichkeit, die Mehrkostenerklärungen von diesen Leistungserbringern anzufordern.

Frohs: Unabhängig von der aktuell durchgeführten Befragung befinden wir uns ganzjährig im regelmäßigen Austausch mit unseren Vertragspartnern. Wir lassen uns über die Entwicklungen der wichtigsten Kennzahlen wie Anteil der aufzahlungsfreien Versorgungen, Höhe der Mehrkosten, abgegebene Produkte, Lieferzeiten usw. gezielt informieren.

Sollte es hier zu Auffälligkeiten kommen, haben wir die Möglichkeit, frühzeitig zu reagieren.
Weiterhin haben wir im Anschluss an die Befragung Mehrkostenerklärungen von unterschiedlichen Vertragspartnern angefordert. Bis auf wenige Einzelfälle wurden die Unterlagen der Audi BKK zeitnah zur Verfügung gestellt.

Bei der Auswertung zeigte sich hinsichtlich der Qualität der Mehrkostenerklärungen ein sehr heterogenes Bild. Neben Dokumenten, in welchen die Gründe sehr ausführlich und nachvollziehbar dargelegt wurden, fanden sich auch Unterlagen, die lediglich sehr rudimentäre und oberflächliche Informationen enthielten.

Liegen hierzu schon Ergebnisse bzw. Rückmeldungen von Seiten der Lieferanten vor?
Bitters: Wir sind aktuell noch in der Umsetzung, aber rechnen auch hier mit einem ähnlich positiven Feedback wie bei unserer Versichertenbefragung zu Bandagen.
Bestehen in Sachen Mehrkosten, Service und Produkt­qualität Unterschiede zwischen regionalen und über­regionalen Versorgern?
Bitters: Nein, bei den Ergebnissen der Befragung konnten wir keine Unterschiede feststellen.

Welche Schlüsse ziehen die GWQ bzw. die Krankenkassen aus den Umfrage-Ergebnissen hinsichtlich Gestaltung der Hilfsmittel-Verträge zur Inko-Versorgung, Kommunikation mit Leistungserbringern und Versicherten?
Bitters: Die hohe Zufriedenheit der Versicherten mit unseren vertraglichen Leistungen freut uns natürlich, genauso wie der im Vergleich zum GKV-Durchschnitt geringere Aufzahlungsbetrag. Aber jeder Fall, in denen die Versorgung suboptimal gelaufen ist, ist schon einer zu viel und genau daran werden wir arbeiten. Zum einen, indem wir aktiv auf die auffälligen Leistungserbringer zugehen, zum anderen, indem wir unsere Krankenkassen dabei unterstützen, die Versicherten über ihre Ansprüche aufzuklären.

Erst kürzlich haben wir in unserer Web-Applikation hello Hilfsmittel zur digitalen Informations- und Vertragspartnersuche einen Sparhinweis für die Versicherten ergänzt, in dem wir nochmals aktiv auf den Anspruch über eine aufzahlungsfreie Versorgung hinweisen. Die Befragung zeigt, dass wir damit auf dem richtigen Weg sind, da Versicherte sich immer häufiger Informationen zu ihrer Hilfsmittelversorgung auf der Homepage ihrer Krankenkasse einholen.

Frohs: Wir als Audi BKK betonen immer wieder, dass „Zuhören unsere stärkste Leistung ist“. Wir wollen verstehen, was unsere Versicherten brauchen und was ihnen wirklich hilft. Ein Ansatz, um dies zu erreichen, sind regelmäßige Befragungen unserer Versicherten, welche wir zu allen Hilfsmittelthemen gemeinsam mit der GWQ ServicePlus planen, durchführen und auswerten. Dadurch finden wir, losgelöst von pauschalen Angeboten oder Standardleistungen, gemeinsam mit unseren Versicherten individuelle Lösungen und entwickeln unsere Verträge unter qualitativen Gesichtspunkten beständig fort.
Frau Bitters, Herr Frohs, wir danken für das Gespräch.

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Foto: Karolina Grabowska/Pixabay
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