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11. Juli 2017
Redaktion

Die Seidel medipool

(MTD 03/2017) Die Seidel medipool GmbH (Gauting bei München) und die Stoss-Medica Medizintechnik GmbH (Friedrichsthal + Wiesbaden) schließen sich zum 1. März 2017 zur SMS medipool AG zusammen. Durch diese Fusion und die gemeinsame Ausrichtung entsteht eines der größten inhabergeführten Handels- und Dienstleistungsunternehmen im deutschen Gesundheitsmarkt mit mehr als 300 Mitarbeitern und einem Umsatz von rund 120 Mio. Euro.
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Foto: Zerbor/Fotolia
Foto: Zerbor/Fotolia

Durch eine Ergänzung von Vertriebsgebieten und Produktsortimenten sowie die Bündelung von unterschiedlichen Dienstleistungsschwerpunkten will das neu geschaffene Unternehmen seinen Kunden und Geschäftspartnern einen „echten Mehrwert als Systempartner“ bieten. Beide Unternehmen gehören zum Amefa-Verbund. Zu den Beweggründen, dem weiteren Vorgehen und den Folgen für Lieferanten, Kunden und Wettbewerber befragte die MTD-Redaktion die beiden künftigen Vorstände Gerhard Blank (bisher Stoss-Medica) und Christian Grams (bisher Seidel medipool).

Herr Blank, Herr Grams, die Fusion der beiden Firmen ist ein mutiger Schritt, mit dem Sie in den Markt auch ein Zeichen senden – hinsichtlich der Konzentration im Handelssektor. Dabei konnten beide Firmen sich doch auch bislang am Markt gut behaupten. Was waren die Beweggründe?
Gerhard Blank: Aufgrund der Tatsache, dass sich der Markt über die Klinikketten, die Einkaufsverbünde und auch durch Lieferantenzusammenschlüsse immer mehr konsolidiert, war es an der Zeit, dass auch wir als regionale Familienunternehmen reagieren und dadurch zu­künftig unsere Stärken bündeln und in beiden Vertriebsgebieten umsetzen. Zu­dem werden wir natürlich Synergien hinsichtlich der Kostenstrukturen und zur Bewältigung des Verwaltungsaufwandes nutzen. Nur so können wir weiterhin in dem sich wandelnden Markt den Anschluss behalten.
Wie lange dauerte der Prozess des Zusammengehens und wie haben Sie diesen gestaltet?
Blank: Grundsätzlich gab es solche Gedanken, dass sich die Fachhändler verbinden müssten, schon sehr lange. Jedoch haben seit rund vier Jahren diese Tendenzen deutlich zugenommen. Im Zuge dieser Gespräche haben wir vor rund andert­halb Jahren festgestellt, dass unsere Firmen aufgrund ähnlicher unter­nehmerischer Werte und Sichtweisen und hinsichtlich der Vertriebsgebiete und des Produktportfolios ideal zusammenpassen und sich nahezu perfekt ergänzen.
Ist es ein Zusammenschluss zu je 50 Pro­zent oder dominiert einer der Partner? Wie sehen die Anteilsverhältnisse aus?
Blank: Wir haben für uns entschieden, dass ein solcher Zusammenschluss nur auf Augenhöhe und zur Zufriedenheit aller Beteiligten in einer 50/50-Lösung erfolgreich sein kann. Hier hat uns geholfen, dass unsere Unternehmen trotz unterschiedlicher fachlicher Betäti­gungs­felder tatsächlich im Grunde gleichwertig sind. Zudem gab es bei den Gesellschaftern der einzelnen Unternehmen keinerlei Befindlichkeiten; und diese Sicht­weise hat so schließlich auch den Bewertungen der jeweiligen Wirtschafts­prüfer standgehalten, sodass der Zusammenschluss auf diese Weise umgesetzt werden konnte.
Wie wird das Unternehmen künftig strukturiert sein?
Christian Grams: Zunächst werden beide Unternehmen weiterhin am Markt tätig sein. Die Stoss-Medica Medizintechnik GmbH hat hier den Wandel in der Gesellschaftsform zur AG vorgenommen und die Seidel medipool GmbH wird als 100-prozentige Tochter eingebracht und mittelfristig weiterhin als eigen­ständige GmbH agieren. Durch die gemeinsame Leitung tragen wir die Strategie gleichlautend in die jeweiligen Organisationen, haben aber den Vorteil, dass wir funktionierende Einheiten zu­nächst nicht mit Prozessänderungen be­lasten müssen und den starken regionalen Bezug zum Markt nicht schwächen.
Welche Konsequenzen hat die Fusion unter einem Dach hinsichtlich Ihrer Belegschaften und Standorte …
Grams: Wie erwähnt, war einer der Hauptaugenmerke darauf gelegt, in den Vertriebsgebieten die starke regionale Färbung zu erhalten. Dafür ist es notwendig, dass wir die einzelnen Standorte in ihrer Struktur erhalten, stärken und gegebenenfalls sogar durch Niederlassun­gen in anderen Gebieten, in denen wir heute noch nicht tätig sind, erweitern.
… hinsichtlich der Lieferanten …
Grams: Auch diese Landschaft unterliegt aktuell starken Veränderungen. Lang­jäh­rige Lieferanten und Hersteller besinnen sich auf einen Strukturwandel und wenden sich vermehrt direkt an den Markt. Auch hier gilt es, dies intensiv zu beobachten und rechtzeitig die richtigen Antworten parat zu haben, um den Fortbestand des Unternehmens zu sichern. Hier werden wir nun gemeinsam verstärkt Betätigungsfelder suchen, für die wir als Unternehmen mit langjähriger Kundenbindung die idealen Marktzugangsvoraussetzungen bieten. Wir gehen davon aus, dass uns hierbei die neue Größe helfen wird und wir damit für ande­re Hersteller als Vertriebs- und Logis­tikpartner interessanter werden, als es jeder von uns für sich allein sein könnte.
… und hinsichtlich der Kunden?
Grams: Einer der Hauptgründe für die Fusion war die Forderung der Kunden nach bundesweiter Abdeckung hinsichtlich der Vertriebs-, Betreuungs- und Lieferaktivitäten. Durch die Bildung von Krankenhausgruppen und -Konzernen kamen wir mit unserer regionalen Ausrichtung schnell an Grenzen, da wir zu wenig wahrgenommen wurden, wenn die Konzernzentrale außerhalb unseres Vertriebsgebietes liegt. Diesem Anspruch der Kunden gilt es nun zukünftig zu entsprechen, um als Partner akzeptiert zu werden.
Und wie schätzen Sie die Folgen für Ihre Wettbewerber im Handels- und Dienstleistungssegment ein? Schließlich ist diese Fusion nicht die erste im Medizinprodukte-Handelssektor. Die Großen gehen zusammen oder übernehmen die Kleinen. Haben kleine und mittelständische Fachhändler überhaupt noch eine Zukunft?
Blank: Die Anforderungen, die an den Fachhandel gestellt werden, nehmen immer mehr zu. Hierbei geht es um Themen, die oft einen Hersteller betreffen oder nicht im direkten Zusammenhang mit dem eigentlichen Geschäft stehen. Dennoch verlangt man diese aber auch von uns Händlern. Die Umsetzung solcher Themen wie erweiterte Zertifizierungen, flexible IT-Lösungen, Bildung von Expertenwissen und insbesondere auch Rekrutierung und Bindung von Personal wird für die Fachhandelslandschaft zunehmend schwieriger. Das gilt auch für die genannte überregionale Verhand­lungs­führung in Verbindung mit der regi­onalen Ausführung zum Kunden.
Sicherlich wird es immer spezialisierte Handelsfirmen geben, viele werden jedoch mit den kommenden Herausforderungen schon bis an die Grenzen des Leistbaren belastet werden. Aber auch hier wird sicherlich im Einzelnen Kompetenz und Kundenbindung weiterhin ein Faktor bleiben, der in bestimmten Feldern seine Berechtigung haben wird.
Was unterscheidet Ihr Vorgehen von dem anderer großer Handelsfirmen?
Blank: In der Bildung unserer Strategie hatten wir weniger andere Handelsunternehmen im Blick als die Sicht auf die Verbindung der Stärken von zwei Unternehmen, die langjährig ihren Status im Markt ausbauen und behaupten konnten. Wich­tig war für uns, dass wir den regi­onalen Bezug behalten und durch Bündelung von Know-how die nötigen Werkzeuge erhalten, um aus 1 + 1 > 2 zu machen.
Sie werben mit „Handel und Dienstleis­tungen aus einer Hand“ – könnten Sie dies bitte erläutern?
Grams: Als Fachhändler wollen wir nicht darauf reduziert werden, nur Produkte zu besorgen, die sonst keiner von den Herstellern so recht liefern will oder die nur selten benötigt werden. Wir bieten heute schon weitreichende Leistungspakete an, um Lösungen für Prozessverbesserungen im Klinikmarkt zu erzielen. Ob eigenstän­dige Produktsortimente, Beschaffungs­management, logistische Versorgungsangebote, Instrumenten- und B/C-Artikel­management oder Projekte, welche Planungen, Ein- und Umbauten beinhalten – wir bieten Lösungen an, die sämtliche Themenfelder miteinander verbinden und die viele Einzelprozesse ablösen können.
Seidel medipool und Stoss-Medica hatten teilweise unterschiedliche Produkte. Addieren sich die beiden Portfolios oder entsteht ein neues mit anderen Schwerpunkten?
Grams: Sowohl als auch: Zum einen haben wir in vielen Fällen die Möglichkeit, die Leistungsmerkmale der fusio­nierenden Firmen in das jeweils andere Vertriebsgebiet zu übertragen. Zum anderen möchten wir natürlich auch komplett neue Themenfelder erschließen und etablieren, für die unsere neue Struktur geeignet ist.
Welche (Synergie-)Effekte erwarten Sie kurz- und mittelfristig?
Blank: Der erste Schritt ist der gemeinsame einheitliche Auftritt von Vertrieb und Einkauf. Hier werden wir diejenigen Programme forcieren, die wir schnell in beiden Organisationen umsetzen können, und mit den Kunden und Lieferanten entsprechend Gespräche führen.
Natürlich werden wir auch die Themen angehen, für die wir relativ zügig und einfach eine gemeinsame Basis bilden können. Genannt seien hier z. B. ein gemeinsames Qualitätsmanagement, ein gemein­sames Datenarchivierungssys­tem, die Nut­zung von Liefer- und Servicezentren und die Kopplung unserer EDV-Syste­me zur Schaffung von Transparenz, ohne dass wir jedoch zunächst eines der funktionierenden Systeme abschalten müssten.
Geplant ist auch die verstärkte Platzierung von Eigenmarken. Wie gehen Sie hier vor und welche Produktbereiche sind vorderhand angedacht?
Grams: Die Eigenmarke haben wir ja heute bei Seidel medipool schon umfangreich im Einsatz. Es handelt sich hierbei hauptsächlich um Produkte aus dem Standardverbrauchssegment, wie Patientenpflege, Stationsbedarf, Infusionstherapie, Anästhesie, OP und Urologie. Wir werden hier sicherlich auch weiterhin Kompetenzen aufbauen, um auch in anderen Bereichen Produkte unter unse­rem Label zu vermarkten.
Welche Rolle spielt der Fachhandelsverband Amefa, in dem die neue SMS medipool ein deutliches Gewicht haben wird?
Blank: Die Amefa ist ein leistungsfähiges Unternehmen und wird, zusammen mit ihrer Tochtergesellschaft Medimex, in Zukunft in unseren Planungen eine wichtige Rolle als Plattform für zentrale Aufgaben einnehmen. Im Idealfall können wir auch noch andere Amefa-Gesellschafter von unserer Idee überzeugen und damit den Weg einer einheitlichen, flächendeckenden Vorgehensweise inner­halb unserer Gruppe weiter voranschreiten. Dies machen uns Unternehmen in anderen Bereichen und Branchen vor, und die Amefa wäre hierfür die perfekte Basis.
Seidel medipool hat vor einigen Jahren auch die Bursch Medizintechnik übernommen. Fließt diese ebenfalls in die SMS medipool AG mit ein?
Grams: Die Bursch Medizintechnik GmbH ist ein wichtiger Baustein unserer Strategie zur bundesweiten Abdeckung. Aktuell werden wir uns jedoch schwerpunktmäßig auf die Zusammenführung von Stoss-Medica und Seidel medipool konzentrieren, um hier eine schlagkräf­tige Einheit zu bilden. Bursch wird aber immer in sämtliche Planungen mit einbezogen und analog am Markt agieren.
Ist durch Übernahmen oder die Gründung von neuen SMS-Standorten die Expansion in weitere Bundesländer bzw. ein bundesweites Auftreten geplant?
Blank: Die bundesweite Abdeckung ist definitiv das Ziel, da vom Markt gefordert. Wie diese Abdeckung funktioniert, ob durch weitere Zusammenschlüsse oder Beteiligungen anderer Händler an der AG oder aktive Zukäufe, lässt sich aktu­ell noch nicht absehen. Hier sind jedoch sämtliche Varianten denkbar.
Und wie steht es mit dem benachbar-ten Ausland? Stoss-Medica ist ja über Mediplus in Frankreich vertreten.
Blank: Inwieweit wir hier unsere Leis­tungen im Ausland verstärken, steht heute noch nicht im Fokus. Wir arbeiten aktuell schon in anderen Ländern mit Partnerunternehmen zusammen, die unsere Pro­dukte vertreiben. Mit der Mediplus haben wir ein eigenes Unternehmen, mit welchem wir die Anforderungen des französischen Marktes bedienen können. Falls eine unserer Strategien für den Markt, den Mediplus heute bedient, passend ist, werden wir in jedem Fall aktiv werden. Natürlich werden wir, zu gegebener Zeit, auch in anderen europäischen Ländern die Möglichkeiten der Weiterentwicklung prü­fen und – wenn machbar – umsetzen, egal, ob Partner- oder Tochterunternehmen.
Außerdem wollen Sie auch für „ausländische Hersteller attraktiv“ sein. Planen Sie die Marktplatzierung deren Produkte bzw. wollen Sie als Exklusiv­vertriebspartner agieren?
Grams: Auch hier sehen wir mehrere Ansätze. Zum einen kann dies in der Übernahme von Exklusivvertretungen gesche­hen. Dafür stehen beide Unternehmen ja schon seit Jahrzehnten, dieser Schwerpunkt soll auch zukünftig nicht aufgelöst werden. Zudem ist es auch denkbar, neue Produkte als Eigenmarke zu vertreiben oder uns dem Hersteller als Logis­tikplattform zur Verfügung zu stellen. Dies alles sind schon heute Geschäftsfelder, in denen wir uns bewegen.
Herr Grams, Herr Blank, wir danken für das Gespräch.

Foto: Karolina Grabowska/Pixabay
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