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8. Mai 2023
Redaktion
Audits nach EU-MDR

Deutsche KMU ächzen unter hohen Kosten

Hinter den Kulissen so manchen mittelständischen Medizintechnik-Unternehmens brodelt es gewaltig. Vor allem, wenn es um das Thema Audit-Gebühren nach EU-MDR geht. Viele fühlen sich übervorteilt und beklagen eine fehlende Kostentransparenz. Gegenüber der MTD-Redaktion wurden nun einige Betroffene recht deutlich.
Symbolbild:
Foto: Andrew Khoroshavin/Pixabay
Viele KMU beklagen sich über stark gestiegene Audit-Kosten infolge der EU-MDR.

Verschiedene Medizinprodukte-Hersteller, primär mittelständische Betriebe, haben sich bei der Redaktion in den letzten Wochen über zum Teil sehr stark gestiegene Kosten und Gebühren vonseiten der Benannten Stellen (in- und ausländische) beklagt, was die Zertifizierungen und Audits nach EU-MDR betrifft.

Mehrkosten nicht unerheblich

In einem Fall (Unterlagen liegen der Redaktion vor) betrifft dies vor allem die Grundgebühren (Mehrkosten-Faktor ×3), die Bewertung der technischen Unterlagen (Klasse IIa-Produkt) mit einem Mehrkosten-Faktor ×2,5 und die Prüfung der klinischen Bewertung (Mehrkosten-Faktor ×4). Bei der Zertifizierung von zwei Medizinprodukten (Klasse Im und IIa) stiegen die Gesamtkosten der Zertifizierung so von knapp 10.000 Euro (nach MDD) auf mehr als 25.000 Euro (nach MDR).

Ein weiterer Hersteller bestätigte ebenfalls MDR-Kosten, die auf vergleichbarer Basis zur MDD nun 3 Mal höher lägen. Verwiesen wurde von Herstellerseite auch auf den Umstand, dass die Prüfung der Produkthauptakten und die Audits nach MDR im Verhältnis zur MDD preislich um 25 Prozent höher lägen.

Ein Hersteller macht deutlich, erschwerend komme hinzu, dass beispielsweise Akten von Instrumenten, die vorher nach MDD Klasse I nicht geprüft wurden, jetzt im Zuge der MDR als Klasse Ir geprüft werden müssen. Bei einem Produkthauptaktenpreis von ca. 9.000 bis 13.000 Euro (je nach Klasse) sei das natürlich ein enormer finanzieller Aufwand für die Unternehmen.

Beratergebühren

Hinzu kommt das Thema Beratergebühren. Gerade mittelständische Unternehmen, die in der QM-Abteilung nicht ganz so gut aufgestellt sind, haben hier hohen Bedarf. Original-Zitat eines Branchenkenners: „Berater können sich kaum vor Arbeit retten und sind sehr gefragt.“ Als Stundensatz wurden der Redaktion zwischen 75 und 125 Euro genannt. Das heißt, für die Bearbeitung beispielsweise von zeitaufwendigen Produkthauptakten können hier zusätzlich mehrere Tausend Euro auflaufen.

Aktuell wurde der Redaktion der Fall bekannt, dass ein deutscher Hersteller nach Vertragsabschluss über drei Jahre für die MDR-Auditierung mit einer deutschen Benannten Stelle, dieser eine Anzahlung von 60 Prozent für alle drei Jahre leisten sollte, um den Slot (Audittermin) zu sichern. Das ruft verständlicherweise noch mehr Kritik hervor. Statement der Geschäftsführerin eines KMU-Medizintechnikherstellers dazu: „Während der MDD haben die Audittermine doch auch funktioniert und waren vertraglich festgelegt. Wozu ist dann unter der MDR eine Anzahlung erforderlich?“

Keine Gebührenordnung

Auf Anfrage der MTD-Redaktion teilte eine Sprecherin des Teams Notified Bodies (The European Association for Medical devices of Notified Bodies) mit, dass es den Benannten Stellen frei stehe, die Gebührensätze für die Zertifizierung festzulegen. Die Gebührensätze müssten öffentlich zugänglich sein (in der Regel auf der Website der Benannten Stelle), damit die Hersteller die Informationen erhalten könnten (MDR-Vorschrift).

In diesem Zusammenhang verwies sie auf die im Januar veröffentlichte „MDCG 2023-2 – Liste der Standardgebühren“. Sie sei als Leitfaden gedacht, der Tabellen für die Veröffentlichung der Gebührenlisten der Benannten Stellen vorschlägt, um den Herstellern den Vergleich zu erleichtern.

Was die Gebühren angehe, habe man dieses Thema zwischen den Benannten Stellen diskutiert und festgestellt, dass die Tagessätze sehr ähnlich seien, was angesichts der Verpflichtung zur Veröffentlichung, allerdings auch zu erwarten gewesen sei.

Aufgeheizte Stimmung

Festzuhalten bleibt: Hinter vorgehaltener Hand wird gegenüber der Redaktion von Hersteller-Seite Tacheles zum Thema Audit-Gebühren geredet. Vor allem KMU sind mit der aktuellen Situation mehr als unzufrieden, ja sogar enttäuscht und frustriert. Folgendes Geschäftsführer-Statement macht das mehr als deutlich: „Mit der MDR hat man eine Geldmaschine generiert. Wenn ein Gesetz erlassen wird, muss es von der Behörde kontrolliert werden! Wir machen uns abhängig von privatrechtlichen Unternehmen und müssen jegliche Mehrkosten hinnehmen.“

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Foto: Karolina Grabowska/Pixabay
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