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30. Oktober 2023
Redaktion
eurocom-Positionspapier/Hilfsmittel

Plädoyer für hochwertige Versorgung

Mit Blick auf die allseits in der Hilfsmittel-Branche derzeit erwarteten gesetzgeberischen Vorstöße im Bereich der Hilfsmittelversorgung – wohl noch im Herbst – hat sich nun auch die Herstellervereinigung eurocom mit einem Positionspapier zu Wort gemeldet.
Rollatoren
Foto: Em Sawyers/Pixabay

Unter dem Titel „Handlungsbedarf in der GKV: Sicherung einer qualitativ hochwertigen Versorgung von Patienten mit medizinisch notwendigen Hilfsmitteln“ sieht die eurocom in vier Feldern gesetzgeberischen Klärungs- resp. Handlungsbedarf:

  • Realistische Anforderungen zum Nachweis des medizinischen Nutzens innovativer Hilfsmittel, damit sie zügig in das Hilfsmittelverzeichnis aufgenommen werden.
  • Erhalt der Festbeträge für Hilfsmittel bzw. deren rechtssichere Gestaltung durch Anpassung an die Marktlage.
  • Erhalt der Mehrkostenregelung als sinnvolles Instrument, um Patienten die bestmögliche Versorgung zu ermöglichen, ohne das GKV-System zu belasten. Abbau damit verbundener überbordender Bürokratie.
  • Das E-Rezept für Hilfsmittel muss weiterhin die Therapiehoheit des Arztes gewähren. Es darf die Versorgungsvielfalt nicht einschränken.

Innovative Hilfsmittel – HMV

Ziel der Hersteller sei es, Produktinnovationen so schnell wie möglich in das Hilfsmittelverzeichnis (HMV) eintragen zu lassen. Das hierfür notwendige Antragsverfahren des GKV-Spitzenverbandes (GKV-SV) wertet eurocom trotz dafür festgelegter Verfahrensordnung gem. § 139 Abs. 7 SGB V und den Hinweisen im Hilfsmittelverzeichnis zum Nachweis des medizinischen Nutzens in vielen Fällen – insbesondere bei neuartigen Produkten – als „inhaltlich und zeitlich nicht nachvollziehbar“.

U. a. deshalb fordert die eurocom unter Verweis auf ein Gutachten von Dr. Ulrich Orlowski (Ministerialdirektor im BMG a. D.) die Beweislastumkehr zum zusätzlichen Nachweis des medizinischen Nutzens. Mit der europäischen Zulassung durch die MDR und entsprechendem CE-Kennzeichen gelte der Nachweis zu Sicherheit und Funktionstauglichkeit grundsätzlich als erbracht. Fordere der GKV-SV zusätzliche Nachweise, sollte er selbst begründen müssen, warum diese erforderlich sind.

Auch müsse dann in einer Vereinbarung zwischen Spitzenverband und Hersteller klar festgelegt werden, welche Nachweise genau vorzulegen sind.

Festbetragsregelung

Aufgrund der in den letzten Jahren veränderten Marktsituation entsprechen die teils vor Jahren festgelegten Festbeträge laut eurocom nicht mehr der aktuell geltenden Marktlage und müssen neu bewertet werden. Das Verfahren des GKV-SV zur Ermittlung der Festbeträge sollte sich (mit Verweis auf Urteil des Bundessozialgerichts vom 7. April 2022) deshalb ähnlich wie bei der Festsetzung von Arzneimittelfestbeträgen, an den Abgabepreisen orientieren und nicht wie bisher an kalkulatorischen Ansätzen.

Die eurocom fordert eine Fortführung der Festbeträge für Hilfsmittel, diese seien jedoch jährlich durch den GKV-SV zu prüfen und ggf. der aktuellen Marktlage anzupassen.

Mehrkostenregelung

Die Vorteile von Mehrkosten liegen für die eurocom „auf der Hand“; so könnten Versicherte freiwillig ein hochwertigeres, teureres Produkt wählen, das ihren persönlichen Ansprüchen besser gerecht wird und somit die Therapietreue erhöht, ohne dass die Krankenkassen dafür aufkommen müssen und die Solidargemeinschaft belastet wird. Die Fachhändler wiederum könnten ein breiteres Sortiment zur Auswahl stellen, was den Qualitätswettbewerb unter den Herstellern intensiviere.

eurocom kritisiert, dass der GKV-SV im Rahmen der Fortschreibung des Hilfsmittelverzeichnisses in den jüngst aktualisierten Produktgruppen festgelegt habe, dass die Entscheidung der einzelnen Versicherten für ein mit Mehrkosten verbundenes Hilfsmittel durch die Leistungserbringer begründet und dokumentiert werden muss.

„Diese Vorgabe ist durch das SGB V nicht abgedeckt.“ eurocom fordert (mit Hinweis auf das 2022 vorgelegte Gutachten von Prof. Helge Sodan, Freie Universität Berlin, Präsident des Verfassungsgerichtshofes des Landes Berlin a. D.; wir berichteten) die „Kompetenzüberschreitung des GKV-SV durch die zusätzliche Dokumentation der Patientenentscheidung politisch zu unterbinden“.

E-Rezept

Die eurocom fordert, bei der Konzipierung des E-Rezepts ein Freitextfeld zur Verordnung von Hilfsmitteln einzuführen, die nicht im HMV gelistet sind. So sei die Therapiefreiheit der Verschreibenden und die Wahlfreiheit der Patienten weiter gewährleistet.

Der Gesetzgeber müsse sicherstellen, dass Hilfsmittelhersteller frühzeitig über die Anforderungen zur Verordnung von Hilfsmitteln im Rahmen des E-Rezepts informiert werden, um die notwendigen Voraussetzungen für z. B. eine kassenartübergreifende Kodierung für nicht im HMV gelistete Produkte schaffen zu können. 

Foto: Karolina Grabowska/Pixabay
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