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15. April 2024
Redaktion
Ergonomisches Arbeiten

Patienten-Lifter vorhanden! Alles gut?

Ein Patienten-Lifter allein ist keine Garantie für rückenschonendes Arbeiten. Nur die Kombination aus technischen Lösungen und dem Arbeiten mit Hilfsmitteln gewährleistet eine umfassende und nachhaltige Pflege, die den Bedürfnissen aller Beteiligten gerecht wird.
Aufrichthilfe
Foto: Petermann
Hilfsmittel, wie Haltegürtel, Aufrichthilfe und Beingurt zur Stabilisierung des Patienten, erleichtern den Transfer.

Wenn ein aufwendiger Transfer ansteht, empfiehlt es sich, ein technisches Hilfsmittel einzusetzen. Das hören wir von Seiten der Arbeitssicherheit und vom Arbeitsschutz. Aber was geschieht tatsächlich in der Praxis beim Benutzen eines Lifters? Es stellen sich viele Fragen:

  • Wo steht der Lifter?
  • Wie weit muss ich laufen?
  • Muss ich mich mit anderen Kollegen oder sogar einem ganzen Team absprechen?
  • Ist der Akku geladen und ist der Lifter überhaupt betriebsbereit?
  • Bin ich eingewiesen?
  • Gibt es die richtige Größe in Bezug auf das Liftertuch?
  • Ist der Lifter für das Gewicht der betroffenen Person zugelassen?
  • Wann muss er zurückgebracht sein?

Diese „Hindernisse“ begegnen mir im Alltag immer wieder. Eine Konsequenz ist häufig, es doch lieber mit Kraft und Heben – mal eben ohne Lifter – zu erledigen. Die Folgen sind Probleme im gesamten Muskel- und Skelettsystem der Betroffenen mit möglicherweise langen Ausfallzeiten.

Eine Belastung für Pflegende ...

Auch der Pflegebedürftige kommt nicht immer ohne Sekundärprobleme in den Rollstuhl oder zurück ins Bett. Bei Tonusveränderungen des Patienten ist es wichtig, auf die richtige Position des Liftertuches zu achten, da es sonst zu Schmerzen kommen kann. Der angepasste Muskeltonus bei einem Patienten schützt u. a. die Gelenke. Wenn der Muskeltonus extrem niedrig ist, begünstigt ein Fehlverhalten beim Transfer eine Subluxation oder sogar eine Luxation, mit den entsprechenden Folgen.

Auch Pflegende haben trotz Einsatz eines Lifters mit zahlreichen Herausforderungen zu kämpfen:

  • Sie arbeiten mit Vorlast am Bett, um den Patienten auf eine Seite zu drehen und haben dabei das Bett meist auf Hüfthöhe.
  • Dann beginnen sie mit der Organisation und Positionierung des Lif­tertuchs, meist über Schulterniveau der Pflegenden und mit den Armen weit vom Körper weg, was für die Halswirbelsäule und die Schultergelenke eine nicht zu unterschätzende Gefahr bedeutet.
  • Pflegende müssen den Patienten auf die andere Seite bewegen, um das Liftertuch, meist aufgerollt, zwischen Patientenhaut und Matratze herauszubekommen.
  • Und sie positionieren den Lifter mit Verdrehung der Lendenwirbelsäule und unter Kraftaufwand aus dem Oberkörper heraus.
  • Dann müssen sie Lifter und Rolli passend positionieren und beginnen anschließend die „Karussellfahrt“ für den Patienten – oftmals diesen sehr vertraut, manchmal aber auch leider nicht. Oftmals spannt sich die betroffene Person an und das Tuch verrutscht.
  • Dabei müssen Pflegende mit viel zu hohem Tempo arbeiten und denken oft nicht an den eigenen Körper und ihr gesamtes Muskel- und Skelettsystem.

... und für die Pflegebedürftigen

Auch für die Pflegebedürftigen stellt die Arbeit mit einem Patientenlifter eine komplexe Herausforderung dar.

  • Sie werden häufig mit einer ruckartigen Bewegung auf die Seite gedreht und bekommen das Liftertuch mit stopfenden Bewegungen an möglicherweise Dekubitus gefährdeten Stellen eingebettet.
  • Zudem haben sie Angst, beim Drehen auf der anderen Seite aus dem Bett zu fallen. Diese Angst wird trotz vertrauter Bewegung nie weniger, sondern steigert sich zu einem großen Problem, dem Selbstschutz. Diese Patienten werden mir häufig mit den Worten „Der Patient arbeitet dagegen!“ übergeben.
  • Sie fürchten sich vor der Entnahme des Tuchs. Es kommt nicht selten zu Irritationen an der Haut, im un-günstigsten Fall dort, wo es zu einer Dekubitusgefährdung gekommen ist.
  • Pflegebedürftige werden am Oberkörper angehoben, der Lifter wird aktiviert, eine Hand der Pflegekraft schützt den Kopf der pflegebedürftigen Person vor der Querstange und die Fahrt beginnt.
  • Vor Angst spannen sie ihren Muskeltonus an, „landen“ nicht immer ganz perfekt im Rollstuhl oder im Bett und werden dann häufig korrigierend positioniert.

Dies alles beschreibt nur eine mögliche Situation. Wer sie nicht kennt, Hut ab! Wer sich aber doch wiedererkennt, sollte sich neu mit den Liftersystemen vertraut machen, Schulungen einfordern oder diese selbst organisieren. Denn schon kurz nach der „Landung“ kommen die nächsten Herausforderungen auf alle Beteiligten zu: das Rangieren des Lifters, das Entfernen und später das Einlegen des Tuchs.

Schulung verhindert Fehler

Liftersysteme sind eine optimale Unterstützung für alle an einem Transfer beteiligten Personen. Aber: Für mich gehört eine ordentliche Einweisung in die Produkte ebenso dazu, wie eine Schulung im Umgang mit den Produkten. Umfassende Schulungen des gesamten Teams sind aus meiner Sicht unbedingt erforderlich. Die korrekte Anwendung und Handhabung ist entscheidend, um maximale Sicherheit und Effektivität zu gewährleisten.

Zum Rangieren des Patientenlifters ist ein zentraler Punkt die Vermeidung von ungesunden Bewegungsmustern, die häufig zu Rückenproblemen bei Pflegenden führen. Beim Einsatz von Patientenliftern ist darauf zu achten, die Wirbelsäule nicht zu verdrehen und eine ungleiche Druckbelastung der Bandscheiben zu vermeiden. Dies geschieht jedoch häufig beim Schieben des Lifters. Diese präventive Maßnahme dient dazu, Probleme im Bereich der Hals- und Lendenwirbelsäule sowie mögliche Schulter- und Kopfschmerzen, aber auch Knieprobleme bei Pflegenden zu minimieren.

Rückenschonende Hilfsmittel

Als rückenschonende Alternativen zum Transfer mit dem Lifter sollte das Arbeiten mit kleinen Hilfsmitteln nicht außer Acht gelassen werden. Diese bieten eine flexible Lösung, die unabhängig von der Verfügbarkeit von Patientenliftern anwendbar ist. Dazu gehören diverse Hilfsmittel, die eine professionelle Unterstützung bieten, insbesondere in Situationen, in denen die Verwendung von Liftern nicht möglich oder nicht praktikabel ist:

  • Rollboards für den lateralen Transfer,
  • Rutschbretter,
  • Haltegürtel und Aufrichthilfen,
  • Beingurt zur Stabilisierung,
  • Drehscheiben.

Mit dem richtigen Hilfsmittel können Pflegende Transfers jederzeit und überall, schonend sowohl für die Pflegekraft als auch die pflegebedürftige Person, durchführen.

Fazit: Nur die Kombination aus technischen Lösungen und dem Arbeiten mit Hilfsmitteln gewährleistet eine umfassende und nachhaltige Pflege, die den Bedürfnissen aller Beteiligten gerecht wird.

Beate
Foto: MTD

Über die Autorin

Beate Peddinghaus ist Krankenschwester mit über 30 Jahren Berufserfahrung in einem großen Universitätsklinikum, Medizinprodukteberaterin bei der Petermann GmbH und Pflegetrainerin für das Aktivitas Pflege® Konzept, das keine einfachen Anweisungen gibt, sondern immer individuell an der momentanen Situation ausgerichtet ist. Dabei werden die Grenzen der Personen, die miteinander in Aktion sind, berücksichtigt und respektiert.

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Foto: Karolina Grabowska/Pixabay
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