Kaltplasma übertrifft Goldstandard
Wenn das Bein erstmal offen ist, beginnt für die Betroffenen oft ein langer Leidensweg. Trotz Säuberung der chronischen Wunde, spezieller Verbände und regelmäßiger Verbandwechsel nach den aktuellen Leitlinien dauert es oft viele Wochen und Monate, bis die Haut verheilt ist.
Leitlinien vs. Kaltplasma
„Die aktuellen Leitlinien umfassen zur Behandlung solcher Wunden ein chirurgisches Debridement zur Entfernung nekrotischen Gewebes, eine antiseptische Wundreinigung, das Anlegen spezieller Verbände und einen regelmäßigen Verbandwechsel“, erklärt einer der Studienautoren, Dr. Nessr Abu Rached von der Klinik für Dermatologie, Venerologie und Allergologie an der Ruhr-Uni Bochum.
Bei der Kaltplasma-Anwendung wird zwischen der Wunde und der Plasmafolie die Umgebungsluft teilweise ionisiert, d. h. mit zusätzlicher Energie aufgeladen. Das so entstehende Plasma wirkt antibakteriell und antiviral sowie entzündungshemmend. Verschiedene vorangegangene Studien hatten bereits gezeigt, dass Plasma in der Lage ist, die Bildung neuer Blutgefäße zu begünstigen.
3 mal 2 Minuten Plasma
Im bisherigen Studienzeitraum (POWER-Studie), der noch bis 2024 läuft, konnten die Daten von 48 Patienten ausgewertet werden. Sie wurden zufällig einer von zwei Gruppen zugeordnet; die eine wurde nach Goldstandard versorgt, die andere zusätzlich über vier Wochen dreimal wöchentlich zwei Minuten lang mit Kaltplasma behandelt.
Nach vier Wochen sowie drei und sechs Monaten bewerteten die Forschenden die Wunden, indem sie beispielsweise deren Größe und die mögliche Besiedlung mit Bakterien ermittelten und die Patienten befragten, wie schmerzhaft die Wunde war.
Vielversprechende Ergebnisse
16 Prozent der Wunden der Plasmagruppe hatten sich komplett oder fast vollständig (90 %) nach vier Wochen geschlossen. In der Kontrollgruppe mit Standardwundtherapie habe das für keine einzige Wunde gegolten. Weitere 28 Prozent der Wunden in der Plasmagruppe hatten sich um mindestens 60 Prozent verkleinert, auch das habe für keine Wunde in der Kontrollgruppe gegolten.
Eine Verringerung der Wundfläche um mindestens 40 Prozent wurde bei 40 Prozent der Plasmagruppe und bei 18 Prozent der Kontrollgruppe beobachtet. Auch habe die Plasmagruppe im Vergleich zur Kontrollgruppe weniger Antibiotika benötigt (4 % vs. 23 %). Die mit Plasma behandelten Patienten hätten zudem von einer signifikanten Verringerung der Wundschmerzen und einer Verbesserung der Lebensqualität berichtet.
Das Fazit: „Die Kombination von Plasma mit der bewährten Wundbehandlung übertrifft die Wirkung der bisher als Goldstandard geltenden Behandlung um ein Vielfaches.“
Eingesetzte Technologie
Die Kaltplasmabehandlung innerhalb der Studie wurde mit der Therapieeinheit CPTcube (Spannungsversorgung) und CPTpatch (Applikator) des Unternehmens Coldplasmatech durchgeführt. Hierbei handelt es sich um eine sterile, aktive Wundauflage aus verschiedenen funktionellen Polymerschichten, in die gedruckte Elektronik eingebettet ist, die der Erzeugung eines physikalischen Plasmas dient. Die Behandlung kann unabhängig von Wundgröße und -tiefe und auch von nichtärztlichem Personal durchgeführt werden.
Die Coldplasmatech GmbH aus Greifswald wurde 2015 als Ausgründung des Leibniz-Instituts für Plasmaforschung von den Geschäftsführern Dr. Carsten Mahrenholz und Tobias Güra gegründet. Das Unternehmen hat sich auf die medizinische Entwicklung und Anwendung von Kaltplasmatherapie zur Heilung chronischer Wunden spezialisiert.