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29. November 2023
Redaktion
Nachhaltigkeitsstudie

Gesundheitswesen noch weit von Klimaneutralität entfernt

Lediglich jede 10. Organisation im deutschen Gesundheitswesen geht davon aus, dass die Branche bis zum Jahr 2030 klimaneutral sein wird. Zu dieser Erkenntnis kommt die Studie "Klimaneutraler Gesundheitssektor", die von der Barmer und dem F.A.Z.-Institut im Sommer 2023 durchgeführt wurde. Befragt wurden rund 440 Personen aus Praxen, Krankenkassen, Kliniken, Apotheken, Sanitätshäusern und der medizinischen Industrie.
Simone
Foto: Barmer
„Um Klimaschutz und Nachhaltigkeit verbindlich im Gesundheitswesen zu verankern, bedarf es deutlich mehr Kraftanstrengungen aller relevanten Akteure“, sagt Simone Schwering, stellvertretende Vorstandsvorsitzende der Barmer.

Bis Mitte des Jahres hatten sich lediglich 45 Prozent der Organisationen mit dem Thema Klimaneutralität auseinandergesetzt, während bei weiteren 20 Prozent dies auf der Agenda steht. Im Vergleich zum Vorjahr, als der Anteil bei 25 Prozent lag, zeigt sich hier eine Steigerung.

Simone Schwering, stellvertretende Vorstandsvorsitzende der Barmer, betonte auf dem Deutschen Nachhaltigkeitstag in Düsseldorf, dass das Gesundheitswesen in Deutschland einen größeren Beitrag zum Klimawandel leistet als der Flugverkehr. Daher müsse dem Klimaschutz und der Nachhaltigkeit im Gesundheitswesen mehr Aufmerksamkeit geschenkt werden. Schwering fordert, Nachhaltigkeit fest in die Verwaltungspraxis des Gesundheitswesens zu integrieren und sie auch im Sozialgesetzbuch zu verankern.

Gesellschaftliche Forderungen vs. Geld und Zweifel

Laut der Studie nannten zuletzt 29 Prozent der Befragten regulatorische Vorgaben als maßgeblichen Antrieb für den Einsatz klimaneutraler Betriebsmodelle, was einen Anstieg um 10 Prozentpunkte im Vergleich zum Vorjahr darstellt. Der entscheidende Beweggrund sei jedoch die gesellschaftliche Bedeutung des Nachhaltigkeitsthemas.

Die Einführung eines klimaneutralen Betriebs im Gesundheitswesen scheitere indes vor allem am Geld und an Zweifeln zur Rentabilität. Dies geben 44 Prozent der befragten Organisationen an. 36 Prozent klagen über infrastrukturelle Hindernisse. „Um Klimaschutz und Nachhaltigkeit verbindlich im Gesundheitswesen zu verankern, bedarf es deutlich mehr Kraftanstrengungen aller relevanten Akteure“, so Schwering.

Zentrale Erkenntnisse der aktuellen Befragung

  • Verschlechterung beim Klimaschutzindex: Der Status-Quo wird im Verhältnis zu dem, was kurzfristig notwendig wäre, noch kritischer wahrgenommen als im Vorjahr, weshalb sich der BARMER Klimaschutzindex von 23,5 in 2022 auf 20,2 in 2023 zurückentwickelt hat.
  • 2023 gab es gegenüber 2022 auf dem Weg zum Klimaneutralen Gesundheitssektor nur geringe und punktuelle Fortschritte auf Handlungsebene. Das Momentum ist noch nicht in der Breite angekommen.
  • Nur 10 % der befragten Gesundheitsakteure sind derzeit zuversichtlich, dass das deutsche Gesundheitswesen bis 2030 klimaneutral sein wird (2022: 11%).
  • 45% der Organisationen haben sich bereits mit dem Thema Klimaneutralität beschäftigt, 2022 waren es 46%. Gegenüber 2022 geben fünf Prozentpunkte weniger an, das Thema stehe zumindest auf der Agenda, und 4 Prozentpunkte mehr, die eigene Organisation habe sich mit dem Thema noch nicht beschäftigt.
  • Bei den Treibern für einen klimabewussten Geschäftsbetrieb steht nach wie vor die Gesellschaftliche Bedeutung des Themas an erster Stelle, gefolgt von Kostenvorteilen und Gesundheitsförderung/Prävention.
  • Der organisations-interne Antrieb ist stark gefallen, demgegenüber sind externe Treiber wie regulatorische Vorgaben, Stakeholder-Erwartungen und Kapitalgeber-Vorgaben deutlich gestiegen.
  • Finanzielle und infrastrukturelle Hindernisse sind immer noch die Top 2 in der Hitliste der Widerstände, haben aber im Vergleich zu 2022 deutlich abgenommen. Die eigene Organisationskultur hat als gefühltes Klimafortschrittshindernis gegenüber 2022 am stärksten zugenommen.
  • Bei den aktiven Handlungsfeldern ist die Rolle von nachhaltiger Mobilität und Energie weiter gestiegen. Ebenso die Verwendung klimafreundlicher Produkte und bauliche Hitzeschutz- und Energiespar-Maßnahmen. Die Bedeutung klimafreundlicher Einkaufskriterien hingegen ist etwas gefallen.
  • Die Verankerung von Klimaschutz in der Organisation ist aus Sicht von 43% eine große Herausforderung und nur bei 18% der Befragten bereits gegeben. 14% erstellen einen Nachhaltigkeitsbericht, 11% kennen ihre CO2-Bilanz.

Die Nachhaltigkeitsstudie steht hier zum Download bereit.

 

Foto: Karolina Grabowska/Pixabay
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