Effektiv, aber oft links liegen gelassen
Das Gros (90 %) der Trisomie-Patienten (Menschen mit Down-Syndrom) hat Fußfehlstellungen, die zu Fehlbelastungen von Skelett und Muskulatur führen. Langfristig bedeutet dies negative Veränderungen des Skeletts, der Muskulatur und der Haltung, die zu Bewegungseinschränkungen und Schmerzen führen.
Speziell bei Trisomie 21, aber auch bei neurologischen Erkrankungen, Paresen, Spastiken oder Fußfehlstellungen, wie dem kindlichen Knickfuß, sind sensomotorische Einlagen eine nachgewiesenermaßen bewährte Lösung, betont der Innungsverband für Orthopädie-Schuhtechnik Nordrhein-Westfalen.
Viele Kassen stellen sich quer
Doch es gibt ein großes Problem, betont der Innungsverband: Trotz nachweisbarer Erfolge übernehmen bislang nur wenige Krankenkassen die Kosten für sensomotorische Einlagen. Begründet werde dies mit dem Hinweis, dass der medizinische Nutzen wissenschaftlich nicht anerkannt sei.
Aber so die Innung weiter: „Eine Studie durchzuführen, die den Spitzenverband der Krankenkassen zur Übernahme der Kosten bewegen könnte, wäre mit einem enormen finanziellen Aufwand verbunden.“ Dabei gehörten heute bereits auch bestimmte Orthesen mit sensomotorischem Fußbett zum Leistungspaket vieler Krankenkassen – obwohl diese deutlich teurer seien als sensomotorische Einlagen.
Betroffene zahlen die Zeche
Die Folgen spüren vor allem die Betroffenen: Zahlen Eltern und Betroffene die Einlagen aus eigener Tasche, ist die finanzielle Belastung hoch.
„Wer Fehlhaltungen von Kindern langfristig korrigieren will, muss mit jeder neuen Schuhgröße auch eine neue Einlage anschaffen“, so Philipp Radtke, Landesinnungsmeister des Innungsverbandes für Orthopädie-Schuhtechnik Nordrhein-Westfalen.
„Viele Eltern nehmen enorme bürokratische Hürden bei ihren Krankenkassen in Kauf oder zahlen die Einlagen selbst. Das würden sie nicht tun, wenn die Einlagen nichts bringen würden. Umso wichtiger ist es, Betroffene in Zukunft stärker zu entlasten.“
pronova BKK als Vorbild
Nach Angaben des Innungsverbandes ist die pronova BKK in Deutschland bislang eine der wenigen Krankenkassen, welche die Kosten für sensomotorische Einlagen übernimmt. „Insbesondere wegen ihrer präventiven Vorteile sehen wir sensomotorische Einlagen als wichtige Ergänzung für das Hilfsmittelverzeichnis“, erklärt Peter Weiler, Vertragsreferent Hilfsmittel bei der pronova BKK.
Gemeinsam mit dem Innungsverband Orthopädie-Schuhtechnik NRW war die Krankenkasse daher eine der ersten Kassen, die einen Vertrag zur Übernahme der Kosten geschlossen hat.
Image-Problem
Gleichzeitig haben in den vergangenen Jahren unseriöse Anbieter mit minderwertigen Produkten die aktiven Einlagen in Verruf gebracht. „Dass Krankenkassen keine sensomotorischen Einlagen als kassenärztliche Leistung übernehmen wollen, die viel zu teuer abgerechnet werden und die am Ende gar nichts bringen, ist absolut nachvollziehbar“, resümiert Radtke.
Auch Online-Händler, die den Patienten nicht persönlich untersuchen, stellen ein Problem dar. „Manche Unternehmen bieten industriell vorgefertigte Einlagen an. Wie soll das bitte gehen bei ganz individuellen Fehlhaltungen?“ Die Leistung deshalb nicht anzuerkennen, sei aber dennoch der falsche Weg, beklagt Radtke: „Es muss ganz klare Qualitätsstandards geben, damit sichergestellt ist, dass die Einlagen von qualifizierten Orthopädie-Schuhtechnikern stammen.“
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