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27. September 2023
Redaktion
Virtueller Schlagabtausch zur Hilfsmittelreform

Ausschreiben oder nicht ausschreiben, das ist hier die Frage

Innerhalb weniger Tage haben sich Leistungserbringer-, Hersteller- und Krankenkassenseite virtuell zu Wort gemeldet, um ihre Standpunkte zur geplanten Hilfsmittelreform mit Positionspapieren bzw. Forderungen zu bekräftigen. Spannend bleibt, wie sich die Bundesregierung in ihrem für Herbst angekündigten Referentenentwurf zum Hilfsmittelbereich positionieren wird.
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Foto: Iván Tamás / Pixabay
Leistungserbringer-, Hersteller- und Krankenkassenseite befinden sich im Schlagabtausch zur Hilfsmittelreform.

Der Bundesverband Medizintechnologie (BVMed), der im Hilfsmittel- und Homecare-Bereich sowohl die Hersteller als auch die Leistungserbringer-Seite vertritt, veröffentlichte am 25. September, sein Positionspapier zur Hilfsmittelversorgung.

„Wir sehen nach den Hilfsmittel-Reformen der vergangenen Jahre einen Nachjustierungsbedarf. Der Fokus sollte dabei auf der Versorgungsqualität, dem Bürokratieabbau und der Digitalisierung der Hilfsmittel-Prozesse liegen“, so BVMed-Geschäftsführer und Vorstandsmitglied Dr. Marc-Pierre Möll.

Man spreche sich jedoch gegen die Wiedereinführung von Ausschreibungen aus, wie sie vom GKV-Spitzenverband gefordert wird. Ausschreibungen seien keine Option zur Kostendämpfung, weshalb sie aus guten Grund abgeschafft worden seien. „Wir sollten die Fehler der Vergangenheit nicht wiederholen“, so Dr. Möll.

Die zehn BVMed-Forderungen im Überblick:

  • Eindämmung der administrativen Aufwände durch Schaffung eines Rahmenvertrags/Verwaltung
  • Sicherstellung der Bestrebungen zur Ambulantisierung durch Klarstellung des Hilfsmittelbegriffs
  • Stärkung des Schiedsverfahrens durch Konkretisierung des Handlungsauftrags
  • Stärkung der Versorgung durch explizite Berücksichtigung besonderer Versorgungsbedürfnisse von Menschen mit chronischen Erkrankungen oder komplexen Behinderungen
  • Sicherstellung der Versorgungsstrukturen durch koordinierten sektorenübergreifenden Einsatz vorhandener qualifizierter Pflegekräfte-Ressourcen
  • Einführung einer Wertsicherungsklausel in Krankenkassenverträgen
  • Stärkung des Vertrags- und Verhandlungswesens durch Nachjustierung der Transparenzpflichten
  • Stärkung der Versorgung und der Rechte der Patienten durch Weiterentwicklung des Genehmigungsverfahrens
  • Sicherstellung einer zeitgemäßen Versorgung mit Hilfsmitteln durch Konkretisierungen im Zugangsprozess ins Hilfsmittelverzeichnis
  • Entbürokratisierung durch Streichung der Kostenerstattungsoption bei Pflegehilfsmitteln und stärkere Digitalisierung der Prozesse

Forderungen von „Wir versorgen Deutschland“

Als Vertreter der Leistungserbringerseite meldete sich am 27. September „Wir versorgen Deutschland“ (WvD) zu Wort, die ebenfalls vor einer Rückkehr zur Ausschreibungspraxis warnen. Das „eklatant gescheiterte Instrument der Ausschreibungen“ führe zu einer „reinen Billigversorgung, die massive Qualitätseinbußen für die Patientinnen und Patienten sowie hohe Folgekosten in der Versorgung“ mit sich bringe. Deshalb sei sie 2019 „aus gutem Grund“ abgeschafft worden. Eine nachhaltige Reform rücke vielmehr Qualität und Bürokratieabbau ins Zentrum.

Wie das aussehen könnte, formulierte WvD bereits im März im Positionspapier „Versorgung sichern“.

  • Leitverträge statt Einzelverträge
  • Reform der Schiedsverfahren
  • Vereinfachte Zulassung zur Versorgung
  • Fokus auf den Versorgungsprozess statt auf einzelne Hilfsmittel legen

Kritisch betrachtet der WvD, dass „der GKV-SV mit Zahlenspielereien über eine angebliche Kostenexplosion im Hilfsmittelbereich politisch Stimmung für seine Forderungen“ macht. Dabei lasse sich hier seit Jahren keine überdurchschnittliche Kostensteigerung feststellen, betonen Abel und Grunau.

GKV-Spitzenverband fordert Ausschreibungen

Ebenfalls am 27. September legten die AOK Bayern, die Techniker Krankenkasse und der GKV-Spitzenverband ein gemeinsames Statement vor, in dem es u. a. auch um die vom WvD kritisierten „Zahlenspiele“ geht. Laut Statement sind in den letzten 15 Jahren die Gesamtausgaben für Hilfsmittel um 81 Prozent auf mittlerweile mehr als 10 Mrd. Euro gestiegen.

Der Tenor: Eine zukunftsfeste Hilfsmittelversorgung durch die gesetzlichen Krankenkassen ist nur „mit wirksamen Steuerungsinstrumenten und einem fairen Wettbewerb für alle Beteiligten“ möglich – Ausschreibungen inklusive.

In ihrem Positionspapier vom Juni formulierte der GKV-SV folgende sechs Forderungen:

  • Steuerungsinstrumente für rechtssichere Ausschreibungen und Festbeträge stärken
  • den Wettbewerb unter Leistungserbringenden wiederbeleben
  • Kartellrecht konsequent anwenden, um Verhandlungsgemeinschaften zum Nachteil der Versichertenversorgung zu verhindern
  • Leistungserbringende müssen Gründe für Mehrkosten elektronisch an Kassen übermitteln
  • unnötige Bürokratie, unter anderem bei Betreiberpflichten oder Präqualifizierung, abbauen
  • Mehrwertsteuer auf 7 Prozent senken

Laut Gernot Kiefer, stellv. Vorstandsvorsitzender des GKV-Spitzenverbands, müsse man in der Hilfsmittelversorgung „den Wettbewerb neu beleben“. Dazu gehöre auch, in geeigneten Bereichen auszuschreiben, weil ein „Preis- und Qualitätswettbewerb zwischen den Anbietern“ der Preisspirale nachhaltig etwas entgegensetzen werde.

In der MTD-Ausgabe 10/2023 lesen Sie u.a. den Artikel „Gibt es wirklich eine Preisspirale im Hilfsmittelbereich? – Argumentation des GKV-Spitzenverbandes hinterfragt“; jetzt per E-Mail Probeheft mit dem Betreff „Ausgabe 10/23“ anfordern.

Foto: Karolina Grabowska/Pixabay
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