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26. Januar 2023
Redaktion
Bundeskartellamt

ARGE der Hilfsmittel-Leistungserbringer abgemahnt

Das Bundeskartellamt hat die ARGE der Leistungserbringer (Bundesinnungsverband für Orthopädie-Technik, EGROH, CURA-SAN, rehaVital, Reha-Service-Ring und Sanitätshaus Aktuell) abgemahnt.
Foto: Clker-Free-Vector-Images/Pixabay
Das Bundeskartellamt hat die ARGE der Hilfsmittel-Leistungserbringer abgemahnt.

„Nach dem derzeitigen Ermittlungsstand halten wir (das Bundeskartellamt, A.d.R.) die Bildung einer Anbietergemeinschaft aus nahezu allen relevanten Hilfsmittel-Verbänden für unvereinbar mit dem Kartellverbot. Hilfsmittelanbieter haben rechtlich die Möglichkeit, im Rahmen von Verbänden gemeinsam mit den Krankenkassen zu verhandeln. Dadurch werden aber keine Anbietergemeinschaften unbegrenzter Größe und monopolähnlicher Marktabdeckung wie bei der ARGE legitimiert. Nur im Wettbewerb bilden sich marktgerechte Preise, die letztlich beide Seiten gegen Ausbeutung schützen.“ So fasst Andreas Mundt, Präsident des Bundeskartellamtes, im Rahmen einer am Mittwoch veröffentlichten Pressemeldung die vorläufigen Ermittlungsergebnisse des Bundeskartellamtes im Verwaltungsverfahren gegen die Arbeitsgemeinschaft von Hilfsmittelverbänden (ARGE) wegen gemeinsamer Preisaufschläge zu Lasten der Krankenkassen zusammen.

Die vorläufigen Ermittlungsergebnisse in Form einer ausführlich begründeten Abmahnung habe das Bundeskartellamt der ARGE zur Stellungnahme übersandt. Die an der ARGE beteiligten Verbände sind der Bundesinnungsverband für Orthopädie-Technik (BIV-OT), EGROH, CURA-SAN, rehaVital, Reha-Service-Ring und Sanitätshaus Aktuell.
Da die ARGE der Hilfsmittel-Verbände etwa 80 Prozent der relevanten Leistungserbringer-Standorte der reha-technischen Hilfsmittel bundesweit vertrete, trete sie im Rahmen ihrer gemeinsamen Verhandlungen gegenüber den Krankenkassen als „Quasi-Monopolistin“ auf, so die Behörde. Zwar sei es Hilfsmittelanbietern wie Sanitätshäusern, Orthopädietechnikern und anderen erlaubt, sich zu bundesweiten Verbänden zusammenzuschließen, um gemeinsam Verhandlungen mit Krankenkassen über die Patienten-Versorgung mit Hilfsmitteln zu führen, doch die kartellrechtliche Grenze ist aus Sicht des Amtes „jedenfalls dann aber überschritten, wenn alle maßgeblichen Verbände sich zusammenschließen oder in einem Ausmaß kooperieren, das den Wettbewerb fast vollständig zum Erliegen bringt“.

Zum Hintergrund: Die Beteiligten an der ARGE hatten die gemeinsam geforderten Preisaufschläge gegenüber den Krankenkassen mit kostenrelevanten Auswirkungen der Corona-Pandemie begründet (gestiegene Fracht-, Liefer- und Rohstoffkosten). Diese Rechtfertigung greift aus Sicht des Amtes nicht durch, wenn die Aufschläge pauschal und ohne sachliche Differenzierung für praktisch sämtliche angebotenen Produkte und Leistungen gefordert werden: „Die erhobenen Preiszuschläge waren daher nicht mehr auf Basis von realen Kostensteigerungen leistungsbezogen kalkuliert, sondern weitgehend von den Gegenleistungen der Beteiligten und ihrer Mitgliedsunternehmen abgekoppelt.“

Das Bundeskartellamt geht auch noch einmal auf das Verhältnis des Kartellrechts zum Sozialrecht ein. Die Anwendung der kartellrechtlichen Vorschriften des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) auf die Kooperation der Beteiligten ist nach Auffassung des Bundeskartellamts nicht durch sozialrechtliche Sonderregelungen (SGB V), die das Kartellrecht verdrängen könnten, ausgeschlossen. Insbesondere greife der Anwendungsausschluss des § 69 Abs. 1 S. 1 SGB V im vorliegenden Fall nicht ein. Denn dieser beziehe sich ausschließlich auf die Rechtsbeziehungen zwischen Krankenkassen und Leistungserbringern und nicht auf Absprachen der Leistungserbringer untereinander im Vorfeld dieser Verhandlungen. „Nichts Anderes ergebe sich auf Grundlage der Regelung des § 127 Abs. 1 SGB V, welche sich auf Arbeitsgemeinschaften oder Verbände bezieht, in denen Leistungserbringer im Bereich Hilfsmittel kooperieren. Sie rechtfertigt nicht die Kooperation aller Verbände untereinander. Auch hier sind die Grenzen des Kartellrechts einzuhalten.“

Im März 2022 hatte das Bundeskartellamt nach ersten Vorermittlungen und Gesprächen ein sog. Kartellverwaltungsverfahren gegen die ARGE-Mitglieder im Bereich der Hilfsmittel-Leistungserbringerverbände eingeleitet. Es handelt sich dabei jedoch ausdrücklich nicht um ein Kartellbußgeldverfahren (wir berichteten mehrfach).

Foto: Karolina Grabowska/Pixabay
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