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5. September 2024
Redaktion
rehaKIND e.V.

Bessere Versorgung für Familien schwerbehinderter Kinder

rehaKIND e.V. und Betroffenenverbände haben ihre Forderungen zur Verbesserung der Versorgung chronisch kranker und behinderter Kinder und junger Menschen sowie derer Familien ausformuliert. Die Themenbereiche umfassen die Entlastung von Familien, den Bürokratieabbau und gesetzliche Regelungen.
Mann
Foto: rehaKind

In Fachgesprächen des Bundesverbands für körper- und mehrfachbehinderte Menschen e.V. zu „Barrierefreiheit in der Langzeitpflege“, dem Parlamentarischen Frühstück von rehaKIND e. V. zur Alltagssituation belasteter Familien mit behinderten Kindern und Ende Juni 2024 einem Runden Tisch des Bundesgesundheitsministeriums zum Thema „Familien mit schwerstmehrfachbehinderten Kindern“ wurden die dringendsten Probleme diskutiert.

Die beteiligten Verbände und Vereine haben ihre Vorschläge zur besseren Versorgung von Familien schwerstmehrfachbehinderter Kinder eingereicht. Kurzfristig und niedrigschwellig umsetzbar würden diese zu deutlich mehr Teilhabe und einer Investition in die Zukunft der Gesellschaft ohne signifikante Mehrkosten führen.

Themenbereich: Familien entlasten

Problematik Lösungsvorschlag
  • Fehlende geeignete Maßnahmen zur Gesundheitsförderung von Eltern schwerstbehinderter Kinder.
  • Besondere Belange in allen Leistungen der Krankenkasse berücksichtigen durch Schaffung eines neues § 2c im SGB V.
  • Mangelnde Angebote an Kurzzeitpflege zur Entlastung von Familien mit schwerst-mehrfach behinderten Kindern.
  • Verbindliche Hinwirkung auf die Länder, ihrem Auftrag nach § 9 SGB IX nachzukommen und notwendige pflegerische Versorgungsstrukturen entsprechend zu fördern.
  • Häusliche Versorgungsstrukturen unter Druck, da die durchgehende Finanzierung nicht sichergestellt ist, wenn das Kind für mehr als 4 Wochen ins Krankenhaus muss.
  • Pflegegeld bei Reha- und Krankenhausaufenthalten des schwerstbehinderten Kindes unbegrenzt weiterzahlen.
  • „Folgeverordnungen“ für regelmäßig benötigte Verbrauchsmaterialien nach § 33 SGB V aus Homecare (z.B. Inkontinenz, Beatmungsbedarf) und Wundversorgung als „Bürokratiemonster“. Die notwendige neue Rezeptierung bei längeren Behandlungen/Versorgungen belasten alle Beteiligten, bis zu 220 Einzelverordnungen pro Jahr und Patient sind keine Seltenheit.
  • Eine Dauerverordnung mit Geltung von mindestens einem Jahr oder immer, wenn sich Diagnose und Verordnungsgrund nicht ändern, ähnlich zur Pandemiezeit. Wäre zur weiteren Entlastung auch auf Heilmittel und Therapien anzuwenden.
  • Eltern schwerstmehrfachbehinderter Kinder wenden erhebliche Zeit für Behörden auf. Die größte Hürde ist die Versäulung des Systems der Leistungen für Menschen mit Behinderung, mit unverständlichen Gesetzen, unterschiedlichen Zuständigkeiten, verschiedenen Kostenträgern und Sozialgesetzbüchern.
  • Eine grundsätzliche Vereinfachung des Systems für mehr Ressourcen bei allen persönlich und professionell Betroffenen und Sparpotential bei Behörden. Inklusive Kinder- und Jugendhilfe etablieren und Errungenschaften des SGB IX wie die Bedarfsermittlung nach ICF, das persönliche Budget, die Assistenzleistungen bewahren und weiterentwickeln.

Themenbereich: Bürokratie abbauen

Problematik Lösungsvorschlag
  • Unnötige Prüfverfahren der Kassen und des Medizinischen Dienstes (MD) binden Ressourcen, zweifeln ärztliche Verordnungen an und machen Eltern zu Bittstellern.
  • Verfahren entbürokratisieren durch Genehmigungsfiktion bei Hilfsmittelversorgungen aus SPZ oder MZEB (wird im GVSG-Entwurf zu § 33, 5c umgesetzt).
  • Der Aspekt der Teilhabe bei Hilfsmittelversorgungen wird nicht ausreichend berücksichtigt.
  • Qualifizierung aller Mitarbeiter der Kassen und des MD erforderlich machen, ebenso die qualifizierte ärztliche Verordnung inkl. Ermittlung des tatsächlichen Bedarfs des Versicherten. Curricula aller Aus- und Weiterbildungen der Gesundheitsberufe um Teilhabeorientierte Hilfsmittelversorgung erweitern.
  • Die Überschreitung von Fristen zur Bearbeitung bei Hilfsmittelversorgungen nach § 13 Abs.3a SGB V sind ohne funktionierende Sanktionsbewehrung und liefert Familien behördlicher Willkür aus. Verbindliche Fristen im Widerspruchverfahren fehlen.
  • Widerspruchsfristen auf (praktikable) 6 bis 9 Wochen festlegen, Sanktionsmöglichkeiten zulassen.
  • Intransparentes Vertragsgeflecht und daraus resultierend intransparentes Leistungsangebot von Kassen und Leistungserbringern.
  • Veröffentlichung von Kennzahlen zu Antragstellung, Antragsgenehmigung und -ablehnung, Widerspruchsverfahren und Art der Verfahrensbeendigung unter Berücksichtigung verschiedener Alters-, Diagnose- und Produktgruppen. Gewährleistung von Transparenz über Vertragsinhalte und Qualitätsstandards für die Leistungserbringung inkl. deren Kontrolle.
  • Teilhabeorientierten Bedarfsplanung (siehe SGB IX) zu bürokratisch.
  • Round-Tables mit allen professionell Beteiligten, den Familien und den Kostenträgern, um gemeinsam verbindliche Behandlungskorridore zu entwickeln. Dadurch Einzelfallgenehmigungen und Pflegeradeinstufungen streichen. Schafft Entlastung für medizinische und pädagogische Versorgung. Eventueller Mehraufwand wird über Einsparungen in der Verwaltung kompensiert.

Themenbereich: Gesetzliche Regelungen und Verfahren

Problematik Lösungsvorschlag
  • Die Neuregelungen durch das Intensivpflege- und Rehabilitationsstärkungsgesetzes (GKV-IPReG) und deren Umsetzung (Begutachtungsanleitung des MD und Rahmenempfehlungen zur Versorgung) führen zu abrupten Versorgungsabbrüchen und einer Verengung des leistungsberechtigten Personenkreises zu Leistungsverschiebungen in andere Zuständigkeiten.
  • Dieser Entwicklung durch die Neuregelung zwingend entgegenwirken.
  • Mangelversorgung für Betroffene durch knappe Ressourcen bei Assistenzleistungen verhindern eine selbständige Lebensführung.
  • Eine Lohnersatzleistung für Angehörige, um die Lücke zu schließen und Klinikeinweisung oder Heimunterbringung zu verhindern. Somit langfristig Altersversorgungsansprüche der pflegenden Angehörigen aufbauen und Altersarmut durch Familienpflege verhindern.

 

Foto: Karolina Grabowska/Pixabay
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